Kriegspredigten Frankfurter Parrer 1914 – 1918 (2016)

Kriegspredigten und Kriegsvorträge Frankfurter Pfarrer im 1. Weltkrieg

Manuskript 2016im Rahmen einer Arbeitsgruppe gleichen Namens an der Universität Frankfurt a. M. unter Prof. Dr. Markus Wriedt

1. Kriegspredigten von Pfarrer Willy Veit.

Als Beispiele für liberale Kriegspredigten sollen drei Predigten von Pfarrer Willy Veit1 dienen. Veit war in Frankfurt ein beliebter und populärer Vertreter der liberalen Theologie, ein Modepfarrer. In seinen Predigten konnte er sich sehr gut auf das Denken, die Sorgen und die Nöte der Menschen einstellen. Die Predigten wurden häufig gedruckt und lagen bereits am Ende des Gottesdienstes zum Verkauf für 20 Pfg. bereit. Die Erlöse kamen im Krieg teilweise guten Zwecken zu. Die Auflagenhöhe war bis zu 3.000. In seinen Predigten vertrat er durchaus Positionen, die konträr zur allgemeinen Meinung lagen. So wird berichtet, dass er zu Kriegsbeginn Zweifel an der Begeisterung, dem Sinn und dem Erfolg des Krieges äußerte, auch wenn er im Verlaufe des Krieges mit seinen Predigten durchaus „zur Hebung der Stimmung und zur Anfeuerung der Opferfreudigkeit beitrug“2. Nach dem verlorenen Krieg sah er das vergangene Deutschland kritisch und in den zwanziger Jahren übte er auch Kritik an der kirchlichen Entwicklung. „Er erweckte den Eindruck, als ob er der einzige aufgeklärte, neuzeitliche Theologe Frankfurts sei ...“ und provozierte damit seine Kollegen so sehr, dass der Landeskirchenrat eingreifen musste3. So waren seine Predigten und Veröffentlichungen zwar nicht typisch für die Frankfurter Pfarrerschaft, aber von Bedeutung für einen erheblichen Teil des kirchlich-liberalen Bürgertums.

In der Weihnachtspredigt 19144 zu Matthäus 2, V. 13 ff. versuchte Veit, die Kriegserlebnisse an Hand der Geschichte von der Flucht nach Ägypten zu interpretieren. Der Reinertrag der verkauften Predigttexte war für die Familienfürsorge der Kriegsteilnehmer bestimmt.

Die Idee aber der Erzählung ist die, daß in der Stille etwas Heiliges geboren wird (die Geburt Jesu in Bethlehem), daß eine ihm entgegengesetzte Macht es verfolgt (Herodes trachtet dem Neugeborenen nach dem Leben), daß, um es zu schützen, es geflüchtet wer-den muß an einen sicheren Ort (die Flucht der Eltern mit dem Kinde nach Ägypten) und daß es, wenn ruhige Zeiten gekommen sind, zurückkehren kann ins wogende Leben (die Rückkehr der heiligen Familie nach Nazareth).“ Aus Veits Sicht war dies eine biblische Geschichte, die immer hinter anderen Berichten vom weihnachtlichen Geschehen zurückgetreten sei. Jetzt, im Kriege sei sie aber ein „Schatz von ewiger Wahrheit“. Der Krieg bringt eben nicht nur eine Revolution hervor im äußeren Geschehen, sondern auch in unserem inneren Leben; er ist einer der großen, ja vielleicht der größte Umwerter aller Werte.“ Deshalb ist das auch die richtige Geschichte für Weihnachten 1914. Das Heilige begegnete dem Menschen bis zur Geburt in Bethlehem immer als etwas Herrliches, Großes oder auch Kriegerisches, und das Kriegerische ist in der Bibel häufig präsent. In einer Adventspredigt hatte er deshalb erreichen wollen, dass in der Frömmigkeit seiner Zeit das Kriegerische wieder aufgenommen wird. Denn in Kriegszeiten muss man die kriegerische Religion wieder hervor holen können. Dem aber steht das Kind in der Krippe als Sinnbild gegenüber. Die Geburt des Christkinds ist dabei „Abbild für die zarte Herzensfrömmigkeit, die sich nicht in Formeln fassen lässt, die in harte Worte zu kleiden man Scheu hat.“ Sucht man nach Parallelen zur Gegenwart, dann ist der Herodes von heute der Krieg.

Ich habe den Krieg in den vergangenen Predigten der letzten Monate zum Entsetzen von manchem unter euch fast als einen Engel Gottes hingestellt, der neue große, gewaltige, starke Gottesgedanken uns zu verkündigen habe. Ich habe auch nichts von dem Gesagten zurückzunehmen. Aber heute habe ich dem etwas hinzuzufügen, eben dies, daß der Krieg für das Kind in Bethlehem, für diese Religion zarter Innerlichkeit, der Herodes ist, der mit einem gewissen Naturtrieb dieser Frömmigkeit nach dem Leben trachtet. Worauf ich abziele, ist die Beobachtung, daß der Krieg, wenn man ihm freie Bahn läßt, die zarten Triebe der Menschenbrust abtötet. Ich kann es auch einfacher sagen: Der Krieg ist seiner Natur nach – und von diesem Naturzustand des Krieges allein sprechen wir eben – Vergießen von Menschenblut und Vernichtung von Menschenglück.“

In der biblischen Geschichte wird das Kind nach Ägypten in Sicherheit gebracht. Deshalb fragt sich, wo denn in heutiger Zeit die Herzensfrömmigkeit eine solche Stelle finden könnte. Man findet sie nicht in der äußeren Welt, sondern in der geistigen, im Fa-milienleben. Das ist die große Aufgabe, die das Familienleben in diesen Kriegszeiten hat: die zarten Triebe und Empfindungen, die sonst auf Erden im Krieg verfolgt werden, müssen in unserm Familienleben eine Zufluchtsstätte finden. Daß dieses Familienleben das wahre Ägypten ist, dafür haben wir auch in diesem Krieg mannigfaltige Anhaltspunkte. Wenn unsere Soldaten draußen fühlen, daß der Krieg sie hart, ja vielleicht innerlich roh machen will, was tun sie da? Da greifen unsere Landwehrmänner in die Brusttasche, wo sie unmittelbar über dem Herzen das Bild von Weib und Kindern haben, und bei ihrem Anblick werden die rauen Krieger mild und weich. Und selbst wenn die Träne verstohlen über das bärtige Männerantlitz sich stiehlt, keiner braucht sich ihrer zu schämen. Ja wir freuen uns ihrer, denn sie zeigt uns, daß auch der raue Soldat sein Christkind, sein weiches Herz sich gerettet hat im Krieg und vor dem Krieg.“

Die biblische Geschichte endet mit dem Tod des Herodes und der möglichen Heimkehr der heiligen Familie. Das ergab dann die Weihnachtsbotschaft von Veit: Noch lebt der Herodes, von dem wir sprachen, das will sagen: noch herrscht der Krieg. Aber kein Herodes lebt ewig und kein Krieg dauert ewig. Auch für uns und unser Volk wird einmal die Botschaft kommen – und wir empfinden sie im Voraus schon als Freudenbotschaft: Herodes ist gestorben, der Krieg ist zu Ende ... Aber dann soll es eine Rückkehr nach Nazareth werden, eine Rückkehr zu emsiger Arbeit und zum fröhlichen wirken. … Während wir so in diesem Kriegsjahr das Innerste, was uns die Frömmigkeit gibt, im tiefsten Herzen bergen und manchmal verbergen müssen, freuen wir uns der zukünftigen Weihnachten, wills Gott schon der Friedensweihnacht 1915, wo Herodes tot ist, und das Kind von Weihnachten mit seiner Botschaft „Friede auf Erden“ auch in das Leben der sich jetzt bekämpfenden Völker zurückkehren kann.“

Schon im folgenden Jahr klang Veit auch ganz anders. Im Jahr 1915 hielt er eine Predigt zu Hosea 8, V. 75 mit der Überschrift „Titanic und Lusitania. Eine Schuldfrage“6. Der Erlös war für die Hinterbliebenen deutscher Unterseebotsmannschaften bestimmt. Die „Lusitania“ war ein britischer Passagierdampfer, der zwischen England und Nordamerika verkehrte. Als er am 7. Mai 1915 von einem deutschen U-Boot versenkt wurde, befand er sich auf der Rückfahrt kurz vor der irischen Küste. An Bord waren auch viele amerikanischen Passagiere, darunter sehr prominente, die fast alle den Tod fanden. Entsprechend empört reagierte die amerikanische und britische Öffentlichkeit. Über die Schuldfrage gibt es auch heute noch unterschiedliche Auffassungen, auch deshalb, weil das Schiff wohl heimlich militärische Güter beförderte und jegliche Vorsichtsmaßnahmen (Kurswechsel, Schlangenfahren etc.) unterließ. Außerdem hatte Deutschland offiziell auch in Amerika davor gewarnt, dass seine U-Boote vor der britischen Westküste aktiv seien. Opfer waren aber eben viele Zivilisten.

In seiner Predigt vergleicht Veit den Untergang der Titanic am 15. April 1912 mit dem der Lusitania, die beide viele Opfer forderten, bei der Titanic 1.600, bei der Lusitania 1.500. Dabei kommt er zu dem Ergebnis, dass seinerzeit blinde Naturgewalten am Werk gewesen seien, nun aber Menschen mit Bewusstsein und Absicht. Deshalb stelle sich die Schuldfrage. Diese Frage habe er auch in seiner Predigt vom 28. April 1912 gestellt und daran angeknüpft, dass viele Menschen Gott angeklagt hätten: Die unter euch, die sich noch der damaligen Predigt erinnern, wissen, dass wir diese Anklage gegen Gott als unberechtigt zurückgewiesen haben. Denn sie ruhte auf einer falschen Voraussetzung, ruhte auf jener falschen Vorstellung vom Wesen und Wirken Gottes, als ob er willkürlich in jedem Augenblick von außen in das äußere Getriebe der Welt eingreifen könne oder wolle. Wir haben damals im Gegensatz zu diesem WillkürsGott den wahren wirklichen Gott verkündigt, der das äußere Weltgeschehen nach festen, unabänderlichen Gesetzen geordnet hat, den Menschen die Aufgabe stellte, diese Gesetze zu er-forschen und ihr Tun nach diesen feststehenden Gesetzen einzurichten. Stößt Menschen-Tun mit diesen Gesetzen zusammen, so wird des Menschen Tun zermalmt, und das göttliche Naturgesetz geht seinen festen, ehernen Gang weiter.“

Im Hinblick auf die Lusitania stellt sich jedoch die Frage, ob der Schuldige anderswo zu suchen sei, als man denkt. Der an dem Untergang der 1.500 Menschen wahrhaft Schuldige ist zunächst und in erster Linie England. Wir wollen nicht untersuchen, ob England nicht überhaupt der eigentlich Schuldige an diesem ganzen Weltkrieg ist und darum auch die Schuld trägt für all die einzelnen furchtbaren Vorgänge, die der Krieg jetzt mit sich bringt. ... Aber klar ist heute schon dies, daß an dem Unterseebootkrieg, seiner Art und seinen Folgen, England schuld ist. In England ist der Gedanke entstanden und in die Tat umgesetzt worden, den Krieg nicht auf die kriegführenden Heere und Flotten zu beschränken, wie es die Gesetze des Völkerrechts verlangen, sondern ihn zu richten gegen die friedliche Bevölkerung des militärischen Gegners, auch gegen seine Greise, seine Frauen und seine unmündigen Kinder. Dies geschah in dem Augenblick in dem England den rücksichtslosen Aushungerungskrieg gegen unsere 70 Millionen friedlicher Einwohner in Gang brachte ... Hinter jener ganzen Entrüstung Englands über unsere Tat steht der frevelhafte Gedanke, daß alle anderen Völker und Menschen schließlich Wesen zweiten Grades seien, an deren Vernichtung nichts liegt. Aber jeder einzelne Engländer, ja sogar jeder englische Besitz bis zu den Goldbarren im Bauch der Lusitania ist Gott geweiht und darum unantastbar. … Jene beiden Torpedos, die sich den Weg durchs Wasser in den Bauch des englischen Schiffes suchten, waren wie zwei gewaltige Gerichtsprediger, die dem stolzen, anmaßenden England zuriefen: England, du hast Wind gesät, jetzt wirst du Ungewitter ernten! Und der tapfere deutsche Unterseebootführer war in dem Augenblick, als er den Befahl zum Abschießen gab, alles andere als ein gemeiner Mörder, er war der Vollstrecker der sittlichen Weltordnung an der Skrupellosigkeit und der Anmaßung Englands.“

Doch auch die USA tragen eine Mitschuld: Leid tut uns dabei nur, daß wir die Schuld nicht auf England allein können sitzen lassen, sondern einen Teil leider auch abwälzen müssen auf Amerika, oder um mich deutlicher und unmißverständlich auszudrücken: auf den Geist des Amerikanismus, dieses Amerikanismus, dem der Dollar das höchste ist und der sich auch in diesem Krieg vom Glanz des Goldes so blenden ließ, daß ihm der klare Blick und das klare Handeln verloren ging. … Diese Lusitania war ein Lügenschiff durch und durch!“ Hatte sie doch verborgene Kanonen und Kisten voller amerikanischer Munition an Bord, um die deutschen Soldaten zu vernichten. Das deutsche Torpedo hat letztere getroffen und daraufhin ist das Schiff zerborsten. Lüge aufdecken und Lüge vernichten ist aber eine sittliche Tat, und so war unser Unterseeboot der Vollstrecker eines göttlichen Strafgerichts wider das Lügenschiff Lusitania.“

Schließlich tragen auch die einzelnen Passagiere selber Schuld an ihrem Untergang, weil sie mit dem Betreten des Schiffes ein sittliches Gebot überschritten haben: wer sich leichtfertig in Gefahr begibt kommt darin um. Denn Deutschland hatte gewarnt. Wir hatten ein sittliches Recht darauf, daß man unsere Worte ernst nimmt und über das, was uns bitterer und heiliger Entschluß ist, nicht lacht. Für dieses sittliche Recht vom Wert und der Wucht des deutschen Wortes ist unser Unterseeboot eingetreten, und darum war sein Tun kein Verbrechen, sondern eine sittliche Tat. … die Verwirrung in den Gefühlen und Urteilen unserer Feinde und vieler Neutralen bei der Vernichtung der Lusitania rührt daher, daß sie kein Verständnis zu haben scheinen für das Wirken des göttlichen Moralgesetzes: wer Wind säet, wird Ungewitter ernten. Seine Naturgesetze führt unser Gott allein durch ohne Mithilfe der Menschen. Für die Durchführung seiner sittlichen Weltordnung braucht er und gebraucht er das Instrument menschlicher Persönlichkeiten. So hat er in diesem Fall unsere Unterseebootsmannschaft und den Führer in seinen Dienst genommen.

Eine Predigt zu Luk. 2, V. 527 befasst sich mit dem Thema: „Warum sind wir Deutsche so unbeliebt?“ Der Reinertrag war für Elsass-Lothringen bestimmt.

Über die Tatsache brauchen wir wohl nicht viel Worte zu verlieren. Sie liegt klar auf der Hand: wir sind bei den andern Völkern unbeliebt. Wer es vorher nicht gewußt hat, dem hat der Krieg die Augen darüber geöffnet. Wir Deutsche haben in der Welt wenig Freunde, und die Völker haben jetzt aus der Abneigung kein Hehl mehr gemacht. ... Das Bündnis, das die drei großen Nationen, Rußland, Frankreich und England, mit einander eingegangen sind und dem sich eine Reihe kleinerer Völkerschaften angeschlossen haben, ist kein natürliches Bündnis … Das einzig Gemeinsame, das sie haben, ist die Abneigung gegen uns. Das hat sie zusammengeführt, und das hält sie im Augenblick zusammen. Deshalb empfinden wir dies Bündnis gegen uns als unnatürlich, ja als unsittlich. Denn was der Haß zusammenführt ist kein heiliger Bund. … Daß diese unsere Unbeliebtheit auch nicht erst seit dem Krieg entstanden, oder durch die Lügennachrichten unserer Feinde hervorgerufen worden ist, weiß jeder, der sich schon in den Friedenszeiten mit dieser Frage beschäftigt hat.“

Da fragt es sich, wie sich die Deutschen dazu stellen. Er nennt die einen, die meinen, das sei ihnen egal. Vielleicht dächten diese auch noch gemäß dem römischen Spruch „oderint, dum metuant“, mögen sie mich hassen, wenn sie mich nur fürchten. Er jedoch kann dem nicht folgen. „Der Mensch lebt nicht vom Brot allein, und unter den geistigen Gütern, die er zum Leben, zum Glücklichsein braucht, gehört auch die Hochachtung, die Sympathie seiner Mitmenschen.“ Das gilt auch für die Völker. Die Deutschen brauchen die Sympathie, und deshalb brennt ihm die Frage auf der Seele.

Dann zählt Veit Vorwürfe auf, die den Deutschen gemacht werden. Sie sind Militaristen und schuld daran, dass die ganze Welt in Waffen starrt und der Frieden bedroht ist. Auch auf wirtschaftlichem Gebiet sind sie mit ihrer Ellbogenart Störenfriede, die das wirtschaftliche Leben der Welt zu einem wirtschaftlichen Kampf gemacht haben. Das gilt auch für das wissenschaftliche Gebiet. In der Theologie z. B. sind die Deutschen voller Kritiksucht und zerstören die Religion statt sie zu fördern. So wird die Bibel den Menschen verleidet, das kirchliche und religiöse Leben ständig beunruhigt. Auch der einzelne Deutsche gilt im Ausland als Nörgler, als jemand, dem man es nicht recht machen kann. Er ist ein charakterloser Emporkömmling, der nach oben schmeichelt und nach unten tritt. Aber: Wir Deutsche haben die Aufgabe, andere Völker aus ihrer Ruhe aufzustören. Noch vor 14 Tagen habe ich euch ausführlich dargelegt, wir Deutsche sollen Sauerteig in der Welt sein, indem wir Qualitätswaren und Qualitätsmenschen in die Menschheit hineinsenden und dadurch die anderen Völker zu gleichem Tun ermuntern. Wir sollen mit unserem deutschen Wesen die Welt durchsäuern. Diese Pflicht, Sauerteig zu sein, ist keine angenehme und dankbare Aufgabe. Sauerteig muß Unruhe und Gärung hervorrufen. Wir werden es darum nicht helfen können, daß das Trägheitsbedürfnis und der Brotneid uns als unangenehm empfinden.“

Schließlich ist zu überlegen, was dem deutschen Charakter noch fehlt. Mit Blick auf Jesus ist das: Weisheit, Reife und Liebenswürdigkeit. Weisheit ist die Kunst, das Wissen segensreich anzuwenden und nicht rechthaberisch. „Gott hat uns den Geist der Gründlichkeit gegeben. Aber nun gelingt es uns so schwer, das, was wir in gründlicher Arbeit uns angeeignet haben, als etwas Erfreuliches und Segensreiches zur Darstellung zu bringen.“ Zur Reife ist daran zu erinnern, dass die Deutschen erst vor 40 Jahren ein einheitliches Volk geworden sind, also ein junges Volk und in vielem noch unreif sind. So müssen sie vor allem an „der Herausbildung einer festen deutschen Sitte arbeiten“, der sich der Einzelne dann freiwillig unterwirft. Die Liebenswürdigkeit ist eine Vergeistigung des ganzen Wesens, bei der das „reiche deutsche Herz und Gemüt“ auch nach außen sichtbar wird. Eine Verkörperung ist der Pfarrer Otto Zurhellen gewesen, dessen Kriegstod am Tage vorher bekannt geworden war. Er besaß eine große Liebenswürdigkeit und eine Art, reiches Wissen und Können zu vermitteln, ohne aufdringlich zu sein. So wäre es wünschenswert, dass man von den Deutschen im Ausland sagen könne: man muss sie lieb haben. Das Fazit ist, dass die Deutschen trotz des Krieges danach streben sollten, das Herz der anderen Völker zu gewinnen.

2. Theologische Vorträge

Die Situation der Menschen im Krieg bedeutete für jeden Pfarrer eine besondere Herausforderung. Viele der Frankfurter Pfarrer stellten sich dieser Herausforderung nicht nur in Predigt und Seelsorge sondern auch mit Vorträgen zu Themen, von denen sie meinten, dass sie für die Menschen wichtig seien. Zwei Vortragreihen liberaler Theologen sind so gut dokumentiert, dass ein Bericht darüber lohnt. Die Vortragsreihen standen unter den Gesamtthemen „Die Religion im Kriege“ (1914) und „Im Kampf um die Volksseele“ (1915). Hier setzte man sich mit religiösen Grundbegriffen auseinander, mit deren Hilfe man die Situation der evangelischen Christen und der evangelischen Kirche klären wollte. Die Manuskripte der Vorträge zeugen noch heute vom damaligen Denken eines wichtigen Teils der Frankfurter Pfarrerschaft.

Der Zeitgenosse Hans Drüner bewertete diese Vorträge folgendermaßen: Der Sinn der religiösen Begriffe Glaube, Buße, Bekenntnis und Opfer schien sich in den entsprechenden Lebensäußerungen des vaterländischen Bewußtseins widerzuspiegeln und durch sie eine Erläuterung zu empfangen. Man konnte die Artverwandtschaft zwischen religiösem Glauben und vaterländischer Zuversicht, zwischen frommem Abhängigkeitsgefühl dort und hingebender Liebe hier, zwischen dem Heldentum des religiösen Bekenntnisses und dem Heroismus der vaterländischen Tat hervorheben. Ganz überwiegend klingt durch diese Vorträge des ersten Kriegsjahres ein Ton der Freude über die Lebenskraft, die die Kirche in der großen Schicksalswende bewiesen hatte, und die starke Überzeugung, einer gerechten und reinen Sache zu dienen ... erst im Laufe der Zeit und unter dem Druck der Not, als neben den edlen Regungen der Volksseele Verrohung und Rücksichtslosigkeit um sich griffen, wurde die Behauptung des ursprünglichen Standpunktes schwieriger und fragwürdiger, wurden die Bemühungen darum geradezu zu einem „Kampf um die Volksseele“, die vom Zweifel erfaßt war. Sehr ernst und auf den Ton der Buße gestimmt waren von Anfang an die Erörterungen, die den Sinn des Krieges für das deutsche Volk zu deuten suchten. Der deutschen Sinnesart entsprach es, hierbei eine derartige Schärfe und Schonungslosigkeit der Selbstbeurteilung zu üben, daß man wohl fragen konnte, ob sich der gerade, einfache Wille zur nationalen Selbstbehauptung noch damit vereinigen ließ. ... Die letzten Jahrzehnte vor dem Krieg er-schienen bei dieser prüfenden Rückschau in überaus düsterer Beleuchtung – als eine Zeit materialistischer Gesinnung und genußsüchtiger Lebenshaltung ..... Selbstprüfung und Selbstbesinnung war das häufig gebrauchte Losungswort mancher Ansprachen und Predigten, die sich gegen die Überschätzung des Gelderwerbs wandten und in ihr eine Hauptursache der sozialen Zerklüftung unseres Volkes erblickten, und wo all' diese öffentlichen Reden der ersten Kriegszeit von dem Gewinn oder dem Ziel des Krieges sprechen, da ist stets nur von einem inneren Gewinn die Rede, der für unser Volk aus der Schicksalsfügung des Weltkrieges hervorgehen soll. ... Vergebens aber würde man nach einem Worte suchen, das auf äußeren Gewinn oder irgendeinen Ländererwerb, sei es in Europa oder in der kolonialen Welt, hindeutete; Deutschland hatte eben in der Beziehung kein Kriegsziel wie die feindlichen Staaten“8.

Pfarrer Friedrich Manz: „Glaube“9

Manz10 legt zunächst dar, dass man in dieser Vortragsreihe ohne den Krieg wohl von der Geschichte der Begriffe ausgegangen wäre. Da kam der Krieg, und ohne ein menschliches Zutun sind alle unsre religiösen Begriffe in die Feuersglut hineingeworfen worden und, ehe wir' s versahen, hatten sie eine neue Farbe, eine neue Kraft, einen neuen Sinn gewonnen … Und wie leuchtet und flammt seit den ersten Tagen des August Glaube in der Seele unsres Volkes; nicht bloß der Glaube an die technische Überlegenheit unsrer Waffen und an die unverwüstliche und unerschöpfliche Volkskraft, vielmehr der Glaube an den Sieg von Gerechtigkeit und Wahrheit, der Glaube an eine sittliche Weltordnung, die innere Gewißheit, daß Sinn, Vernunft, Ziel, Höherentwicklung im Weltgeschehen ist ... Damit erhebt sich der deutsche Glaube der Gegenwart zur Höhe eines religiösen Glaubens. Ganz von selbst schlagen die Flammen, welche auf den Altären brennen, zusammen mit den Flammen, welche aus den Herzen Hunderttausender sonst kirchenfremder Volksgenossen auflodern. Es ist ein Punkt gefunden, an dem wir uns innerlich nahe kommen, innerlich verstehen … Andrerseits erwies es sich, dass die Fundamente unsres deutschen Geisteslebens viel tiefer und breiter religiöser Art waren, als man nur ahnte. Sie waren überwuchert und überschüttet gewesen, aber unter den gewaltigen Erdbeben und Stürmen sind sie wieder hervorgetreten: Glaube als Ehrfurcht vor dem Unendlichen, Glaube als unbedingte Zuversicht und innere Gewißheit, Glaube als todestrotziges Vertrauen“11.

Von den vielen Männern, die diese Fundamente gelegt haben, nennt er Luther und Schiller. Als das Gemeinsame des Wesens dieser beiden sieht er das Wort Glauben. Zu Luther zitiert er: Träumt nicht also vom Glauben, daß er ein toter, kraftloser Gedanke sei, darin das Herz weder Liebe noch Lust, Trost noch Freude, Gerechtigkeit, Leben noch Seligkeit haben möge. Der Glaube ist ein göttliches Werk, ein lebendig, schäfftig, tüchtig, mächtig Ding, daß es unmöglich ist, daß er ohne Unterlaß sollte Gutes wirken ... Glaube ist eine lebendige, erwogene Zuversicht auf Gottes Gnade, so gewiß, daß einer tausendmal darüber stürbe, und solche Zuversicht und Erkenntnis macht fröhlich, trotzig und lustig gegen Gott und alle Kreaturen.“12.

Bei Schiller beruft er sich auf dessen „Worte des Glaubens“

Drei Worte nenn ich euch, inhaltsschwer,

Sie gehen von Munde zu Munde,

Doch stammen sie nicht von außen her,

Das Herz nur gibt davon Kunde. ...

Der Mensch ist frei geschaffen, ist frei,

Und wird er in Ketten geboren.

Und ein Gott ist, ein heiliger Wille lebt,

Wie auch der menschliche Wanke;

Hoch über der Zeit und dem Raume webt

Lebendig der höchste Gedanke,

Und ob alles in ewigem Wechsel kreist,

Es beharret im Wechsel ein ruhiger Geist.13

Zwar sieht Manz einen deutlichen Unterschied zwischen dem christlichen Glauben, der an die äußere geschichtliche Offenbarung glaubt, und Schiller, der sich auf das eigene Innere beruft.

Und doch ist der christliche Glaube so gut wie Schillers Glaube eine gewisse Zuversicht des, das man hofft, und ein Nichtzweifeln an dem, was man nicht sieht; eine innere beglückende Gewißheit, der das Ideale das Allerwirklichste, das Unsichtbare das Schöne und Wahre ist ... der leuchtende Gottesfunke in der Seele des Menschen ... Das ist das heilige Erbe unsrer großen Erzieher: der Glaube Luthers und der Glaube Schillers ... Und das ist nun das Herrliche in unsrer Zeit, daß die Flammen des Glaubens, welche lange eingepreßt waren, hell emporgelodert sind. Er flammte auf in den Predigten und Gebeten in unsern Gotteshäusern, so gut wie in den Leitartikeln unsrer Zeitungen. Er glüht in den Herzen der Frauen, welche daheim unter schwerer Sorgenlast niedergebeugt sind und doch nicht zusammenbrechen, er glüht in den Herzen von Hunderttausenden, die mit heiliger Entschlossenheit in Kampf und Tod ziehen in der Gewißheit, daß das Leben nicht der Güter höchstes ist.“14

Und er sieht als Zukunftsaufgabe, dass diese „lodernde Feuer“ und die „neuerwachende religiöse Energie“ nicht wieder erlöschen. Allerdings fragt er sich auch, was es bedeutet, wenn der zuversichtliche Glaube an eine moralische Weltordnung auf den vollständigen Sieg des deutschen Volkes setzt. Tun nicht die Engländer, Russen und Franzosen dasselbe? „Ist unsere Sittlichkeit so rein, daß sie unserm Volk den Sieg garantieren muß?“15 Oder denkt nicht mancher: Wenn wir jetzt nicht siegen, glaube ich nicht an einen Gott der Gerechtigkeit? Das hält er jedoch für eine sehr engstirnige Sicht, denn Gott könne man nicht die Wege vorschreiben, die er geht. Zudem beraube man sich der Möglichkeit starken Trostes und Haltes in der Zukunft. Und weiter fragt er, was denn aus den großen Aufbrüchen des 19. Jahrhunderts geworden sei. Dabei erinnert er an den Aufbruch von 1813, Schillers Werke, Schleiermacher und Fichtes Reden an die deutsche Nation, an Ernst Moritz Arndt und den Freiherrn von Stein. Die Freiheitsbewegung sei ebenso wie die religiöse Erneuerung versickert zu einem kleinen Rinnsal. Was hätte denn letztlich der mit der Orthodoxie verbundene Pietismus bewirkt, obwohl er Männer wie Bodelschwingh und Wichern hervorgebracht hat. Das liberale Bürgertum hat sich trotzdem von der Kirche abgewendet.

Da kam der Krieg. Wie durch einen Riesenmagnet sind alle Atome in den Seelen der Millionen in eine neue Lagerung und Richtung gekommen. ... So ist die Hoffnung berechtigt: was in der deutschen Geistesgeschichte seit Jahrhunderten vorbereitet wurde, werde jetzt zur Reife und Erfüllung gelangen; es werde sich in einem heiligen Idealismus eine neue gemeinsame Welt- und Lebensanschauung bilden, deren die deutsche Kultur seit den Tagen entbehrt, da die Reformation den Bruch in die festgeschlossene Welt des Mittelalters brachte. … Vom Glauben haben wir geredet, vom Glauben, wie er in der heiligen Notstunde unsres Volkes sich siegreich empor gerungen hat …Wir glauben an den Sieg und an die Zukunftsaufgaben Deutschlands. Das ist nicht der Wahnwitz eines nach Weltherrschaft dürstenden Volkes, darin kommt vielmehr die Überzeugung zum Ausdruck, daß Gott diesem unserm Volk besondere Gaben und Kräfte anvertraut hat, um deretwillen es noch eine Weltmission hat“16.

Pfarrer Willy Veit: „Buße17

Veit beginnt seine Ausführungen mit den Worten Johannes des Täufers nach Matthäus 3, Vers 2 (Tut Buße, das Himmelreich ist nahe herbei gekommen). Also setzt echte Buße voraus, dass Gott den Menschen nahe ist. Dies ist Veit zunächst angesichts der Schrecken und des Leides des Krieges im Krieg nicht gegeben. Und viele bußartigen Verhaltensweisen der Menschen sind auch nicht rechte Buße. Doch ist diese schreckliche Seite des Krieges nicht der ganze Krieg. Wie der Frieden per se noch nichts Gött-liches an sich hat, man dieses vielmehr erst hineinbringen muss, so kann auch in den Kriegszustand ein göttlicher Wille hineingebracht werden. Ich darf Ihnen wenigstens einige dieser Gottesgedanken andeuten, die nur – oder doch am leichtesten – auf den Fittichen des Krieges zu der Menschheit herabgetragen werden können.

1. Zunächst der, daß nicht der Genuß der Inhalt des Menschendaseins sein soll. Der Friedenszustand erschwert diese Gottesabsicht außerordentlich ... Im Krieg bekommt man gezeigt, daß man nicht zum Genuß geboren wurde.

2. Der Krieg gibt uns die gottgewollte Einschätzung des natürlichen Lebens zurück, die im Frieden verloren ging. Gegenüber einer verweichlichenden Fürsorge für unser liebes Ich, diesem Kultus der animalischen Lebenserhaltung, zeigt der Krieg mit seinen Menschenopfern den Unwert des einzelnen animalischen Daseins. Und doch zugleich wieder den hohen Wert des Lebens. Das Leben ... steigt im Krieg wieder hoch im Kurs, weil es das Mittel zur Verteidigung der höchsten Güter wird.

3. Und um noch etwas allgemein Bekanntes zu nennen, erinnere ich daran, daß der Friede, weit entfernt, die innere Eintracht unter den einzelnen Menschen zu fördern, eine immer größere Spaltung zeitigt, wie wir sie in unserem eigenen Volke erlebt ha-ben, und daß im Gegensatz dazu der Krieg die Risse schließt und im einzelnen und im großen eine Zeit der Versöhnung zwischen den Menschen wird“18.

Das sind „höchste Gottesgedanken, die sich gerade im Krieg der Menschheit nähern, und deshalb kann man mit Recht sagen, „im Krieg kommt Gott der Menschheit nahe“. Wenn das aber so ist, dann kann man mit Johannes dem Täufer im Krieg Buße tun. In der sittlichen Welt vollzieht sich aber nichts von selbst. Es werden nur Möglichkeiten zum Handeln angeboten, und es bleibt dann uns überlassen, ob wir diese Möglichkeiten ergreifen, ob wir die uns gestellten sittlichen Aufgaben lösen wollen. Damit haben wir zugleich den Inhalt einer wirklichen Buße in der Kriegszeit. In der Kriegszeit Buße tun, heißt einfach: die sittlichen Aufgaben erfüllen, die der Krieg uns stellt ... Sie ist die schlichte Erfüllung der nächstliegenden, d. h. uns durch das Leben, also in unserem Falle durch den Kriegszustand nahegerückten Aufgaben19.

Einen Katalog solcher Aufgaben will er allerdings nicht nennen, denn der Zettel würde zu lang werden. Stattdessen erzählt er das Gleichnis vom barmherzigen Samariter. In einer Fußnote bemerkt er dazu: Man möge aus dem angeführten Beispiel nicht die Folgerung ziehen, daß also die Tat der Liebe, wie sie der Samariter hier ausführte, die eigentliche und höchste Betätigung des Christentums im Kriege sei. Das ist durchaus nicht meine Meinung. Was der Augenblick pflichtmäßig verlangt, das ist sittliche Aufgabe und Beweis unseres Christentums. Für den Samariter war' s die Tat der Liebe, für den Soldaten kann' s der Bajonettstich sein, den er dem Gegner versetzen muß“20.

Pfarrer Erich Foerster: Bekenntnis21

Foerster22 nimmt auf Matth. 10, 17 ff. Bezug. Dort kündigt Jesus an, dass seine Jünger wegen des Bekenntnisses zu ihm gehasst oder vor Gericht gestellt werden, und fordert sie auf, sich nicht zu fürchten. Das Bekenntnis zu Jesus Christus, so Foerster, ist für seine Jünger und die frühe Christenheit dann auch immer mit Gefahr für Leib und Leben verbunden. Die Forderung des Bekenntnisses gehört danach in den Zusammenhang des Kampfes. Es ist eine Waffe. Seine eigentliche Stätte ist im Angesicht von Feinden und Widersachern. Ein feierliches Bekenntnis im Gottesdienste, mitten unter gleichgesinnten Brüdern und Schwestern trägt diesen Namen nicht mit Recht. Es fehlt ihm alles das, was nach dem Neuen Testament das eigentliche Merkmal des Bekenntnisses ist: daß es Mut erfordert und Gefahr bringt, daß es eine Tat ist, zu der der Mensch sich selbst überwindet und emporreißt“23.

Wenn das Bekenntnis so verstanden wird, dann gilt auch hier, dass Angriff die beste Verteidigung ist. „In Jesu Predigt geht beides untrennbar nebeneinander: das Zeugnis einer brennenden Liebe zu Gott und zu den Brüdern und der schonungslose Angriff auf Pharisäer und Schriftgelehrte, auf die Gesetzeswächter und Tempelkrämer. …Die christliche Forderung des Bekenntnisses ist demnach die, offen und ungescheut einzutreten für das, woran man glaubt und was man liebt, ganz besonders vor Feinden und Widersachern“24.

Allerdings versteht man gewöhnlich unter Bekenntnis etwas anderes, nämlich feste Lehrformeln oder auch Lehrschriften. Auch diese schätzt Förster sehr wohl. Vielen dieser Gedanken kann er auch folgen. Andere scheinen ihm, einer unbescheidenen und unzarten Neugierde entsprungen, das Unfaßbare zu ergründen, und manche gar einer häßlichen Sucht, eigensinnig zu streiten. Aber bei aller Anerkennung der geschichtlichen Größe aller dieser Erzählungen und Gedankengebilde – gegen eins empört sich mein Innerstes, nämlich gegen die Zumutung, mit all diesen Lehren und Sätzen nicht zu verfahren nach der apostolischen Regel „Prüfet alles und nur das Gute behaltet“25.

Im Kriege nun lernt man viel um und viel dazu; dass der Krieg dem ganzen Leben eine unsagbare Vereinfachung bringt; dass da die einfachen großen Linien des wahren Lebens hervortreten. Daß Religion nicht dies und das ist, nicht in allerlei feinen Gedanken und tiefsinnigem Kultus, nicht in besondern Liebes- und Missionswerken oder einer extra Sittlichkeit besteht, sondern im festen Vertrauen des Herzens auf die Macht über alle Dinge und gehorsamem Dienst der nächsten Pflichten, denn wir wissen nie mehr als die nächste Pflicht, - das Weltziel können wir nur ahnen, nicht vorstellen: das haben uns diese Wochen wieder mit überwältigender Wucht gelehrt“26.

Sonderbar sind da alle die theologischen Kämpfe mit ihrer Bitterkeit und Zersplitterung, die um das Bekenntnis geführt worden sind. Und es ist zu wünschen, dass die evangelische Kirche lernt, dass brüderliches Zusammenhalten nicht von einem einheitlichen Verständnis der Lehre und der Geschichte abhängt. Wäre es doch viel nötiger gewesen, gemeinsam gegen den materialistischen Zeitgötzen, gegen den Wahn des Gelderwerbs, der Steigerung der technischen Kultur, des Gewinns an Macht und an einem möglichst großen Anteil an den sinnlichen Freuden des Lebens zu führen. Auch ist zu fragen, wo denn alle die hehren Ziele des Idealismus geblieben sind.

Der Krieg ist unter allen Umständen etwas Schreckliches, für Besiegte wie für Sieger. Aber er ist Schicksal. Dieses aber kann man weder äußerlich noch innerlich ohne die tiefste Kraft, den Gottesglauben, bewältigen. „Ohne den Glauben: Gott will es so! würden wir verloren sein“27. Dieses Bekenntnis, sind die Christen jetzt allen Schwachen, Angefochtenen und Betrübten, aber auch den Überstarken und Gewaltmenschen schuldig. Und es muss verbunden werden mit dem „mahnenden, warnenden, innigen Wort“, das die Gewissen wach erhält. Denn auch im Kriege gilt: Alles, was ihr wollt, dass Euch die Leute tun, das tut Ihr ihnen auch. „O dieses Bekenntnis hat einen großen Beruf in unsern Tagen; es hat dafür zu kämpfen, daß die gewaltige Bewegung der Leidenschaften der Herrschaft des sittlichen Geistes nicht entgleite“28.

Gegen Ende seines Vortrages will Foerster dann auf die „tiefste und eigentlich brennende Frage dieses Krieges“ eine Antwort geben, auf die Frage, ob die „kämpfende Lie-be für das Vaterland“ mit dem Christentum zu verbinden ist. Dazu beruft er sich auf Luther, der gezeigt hat, dass es nicht zweierlei Gesetze für den Menschen gebe, das Gesetz des Christentums und das Gesetz der Natur. Vielmehr gibt es nur eines, das der natürlichen sittlichen Pflicht, das sich aus der Lebenslage und aus der jeweiligen Zeit ergebe. Heilig sind die verschiedenen Pflichten, die der Mensch innerhalb seiner Lebensumstände hat. „Wer sich von den Pflichten der Ehe, der Arbeit, des Vaterlandes abkehrt, kehrt sich von Gott ab. Es gibt keinen andern Weg zu Gott, als durch Ehe, Arbeit und Vaterland hindurch. So gewiß es ein heilig und göttlich Werk ist, daß jeder sein Gemahl liebe und seine Kinder aufziehe, so gewiß ist es auch ein heiliges göttliches Werk, Haus und Hof zu schirmen gegen feindlichen Überfall und Kindern und Enkeln ihre Wohnstatt, ihre Muttersprache, ihre Freiheit, ihr Vätererbe zu bewahren. Gibt’s keinen andern Weg dazu, als daß wir kriegen – ei, so wollen wir frisch zugreifen: Ich will meines Gottes Willen tun, auch mit Schwert und Spieß, mit Kanone und Mörser, ich will mich dieser schweren Pflicht nicht entziehen, wenn auch mein Herz dabei blutet über all dem Weh und Leid, das ich anrichten muß, und über allem Brennen und Töten und Zerstören ... Das ist protestantische Ethik29.

Pfarrer Wilhelm Bornemann: Opfer30

Bornemann31 beginnt mit einem Gedicht von Ludwig Uhland und sieht darin das Bekenntnis, dass alle Opfer im Krieg gering sind im Vergleich zum Heldentod.

„Dir möcht' ich diese Lieder weihen,

Geliebtes, deutsches Vaterland!

Denn dir, dem neuerstand'nen freien,

Ist all mein Sinnen zugewandt.

Doch Heldenblut ist dir geflossen:

Dir sank der Jugend schönste Zier;-

Nach solchen Opfern, heilig großen,

Was gelten diese Lieder dir?-“

Wenn hier das Wort „heilig“ verwendet wird, dann ist das die Sprache der Frömmigkeit, die schon immer „Heiligkeit“ und „Opfer“ als ihr Höchstes betrachtet hat. Merkwürdig, daß der Krieg, der auf der einen Seite so gottwidrig ist und das Niedrigste in der Menschheit, Grausamkeit, Roheit, Verrat, Lüge und Gemeinheit aufwühlt, zu gleicher Zeit nicht bloß andre edle Kräfte, sondern auch die Frömmigkeit entbindet und entfachen kann! Er lehrt uns Opfer bringen und damit die Frömmigkeit und das Evangelium neu verstehen. Und andrerseits ist das Evangelium durch den Krieg nicht etwa ohnmächtig und überflüssig geworden. Es lehrt uns vielmehr, den Krieg recht verstehen und recht führen und in dem gottwidrigen Geschick des Krieges den wahren Gott suchen und finden. Vor unsrer Seele steht das Bild aller unsrer gefallenen Helden - die stillen, blassen Toten, die verstümmelten und zerfetzten Gestalten, die Leichenhügel, die Massengräber, die einsamen und Vergessenen, die unbekannt in fremder Erde schlummern: „heilig große Opfer!“ Wem sind sie geopfert?“32Die Antwort findet er nicht dort, wo viele Menschen sie suchen: dem blinden Verhängnis, dem ehernen Geschick, der Natur mit ihren Gesetzen, den Feinden, dem Militarismus usw. Nein..., dem Leben, Gedeihen und Frieden unsres eignen Volkstums, nicht den Feinden und Gegnern, sondern unserm geliebten, deutschen Vaterlande, unserm Kaiser und unserm Reiche gehören diese heiligen Opfer, ihnen sind sie mit der inneren Notwendigkeit wahrer Freiheit geweiht“33.

Vaterlandsliebe und Frömmigkeit sind eben zwar unterschieden, aber nicht völlig getrennt. Die christliche Frömmigkeit lehrt, wie Vater und Mutter so auch Volk und Vaterland zu lieben und zu ehren. So steht uns das Vaterland als göttliche Gabe und Ordnung da. Über ihm wacht und waltet der wahrhaftige Gott selbst, der ewige Geist des Guten, der heilige Wille, der die ganze Welt regiert und die Geschicke aller Völker lenkt, der aber uns insonderheit in der Geschichte und dem Geiste unsers eigenen Volkes nahe gekommen ist und offenbar wird. Wenn wir in seinem Sinne unserm Volke und Vaterland dienen, so dienen wir ihm. Wenn wir in gerechtem Kampfe eintreten für das irdische Vaterland, so kämpfen wir auch für das ewige Reich Gottes. Und ein Leben, das in Pflicht und Hingebung für das irdische Vaterland geopfert wird, ist ein heiliges Opfer, Gott selbst dargebracht; und der Gott, der über den Zeiten steht, nimmt in Gnaden solch ein Opfer an zum ewigen Leben“34.

Bornemann beschäftigt sich dann mit der Frage, welche Opfer Gott wohl gefallen. Dazu unternimmt er einen Streifzug durch die Religionsgeschichte, um dann festzustellen, dass die rechten Opfer nicht auf dem Altar sondern in der Wirklichkeit des Lebens gebracht werden. Es sind Opfer, die nicht von den Menschen ausgedacht und ausgewählt, sondern die von Pflicht und Gewissen gefordert werden. Das Opferbringen ist für echte Frömmigkeit auch keine Strafe, sondern eine Gnade und Ehre, und kein Zeichen, dass man von Gott verlassen, sondern vielmehr, dass man von Gott heimgesucht ist. Wie ist dieser allgemeine Opfersinn so wunderbar herangereift in unserm Volke? … die allgemeine Wehrpflicht, im Sinne der Vaterlandsliebe und für den Bestand des eigenen Volkstums durchgeführt, verbunden mit der allgemeinen Schulpflicht, hat seit den Freiheitskriegen unser Volk mit solchem Opfersinn durchdrungen ... Gott sei Dank, alle bringen heute heilige Opfer dar; sie sollen und wollen es: das Volk und die Fürsten, die Offiziere und die einfachen Soldaten, die Krieger und die Daheimgebliebenen; Männer und Frauen, Alt und Jung, Besitzende und Arme, Gesunde und Verwundete, Lebende und Sterbende. Ein einziges, großes, heiliges Wehen geht durch alle und soll nicht nachlassen. Wer opfert, der heiligt sich. So offenbart uns der Krieg den Wert und Segen des Opfers“35.

Dazu zitiert Bornemann Jesu Worte, mit denen er einerseits sagt, er sei nicht gekommen, Friede zu bringen, sondern das Schwert (Math. 10,34) und anderseits zur Friedlichkeit aufruft (Matth. 5,39; Joh. 18,23, Matth. 26, 52). Aber er fragt auch weiter, ob Jesus wollte, dass wir, wenn ein Räuber und gewalttätiger Einbrecher über uns kommt, uns nicht wehren und die Unseren nicht schützen. Auch habe Jesus das Recht der Obrigkeit, das Schwert im Gericht und im Kriege zu führen, nicht bestritten. Deshalb sei es nicht gegen Jesu willen, wenn man sich wehrt. Wohl ist solch ein Krieg ein schweres Kreuz, aber er muß doch ertragen und durchgeführt werden; und er ist jeden-falls reiner und göttlicher als ein scheinbarer, fauler, vergifteter Frieden, der auf Lug und Trug, Heimtücke und Heuchelei beruht und Feindschaft und Verrat in sich birgt. Der innere Friede, der Friede des Herzens ist die Grundlage des Reiches Jesu und allein entscheidend; diesen Frieden aber kann man haben mitten im Kriege, und man kann völlig von ihm verlassen sein, auch wenn alle Waffen ruhn“36.

Schließlich beantwortet er die Frage, wie Jesus zum Opfer steht, mit dem Hinweis, dass Jesus das gottgefällige Opfer in seinem Leben und Wirken beispielhaft gebracht hat. In den Einsetzungsworten zum Abendmahl hat Jesus sein Leben als das Opfer des neuen Bundes bezeichnet. Indem der Krieg von uns heilig große Opfer fordert, legt er uns allen das schwere Kreuz auf. Aber damit gerade führt er unsere Herzen hin zum Kreuze Jesu Christi und zum Evangelium von dem ewigen, barmherzigen Gotte, dem Gott des Trostes und der Hoffnung. Gebe Gott, daß der gewaltige Krieg, in dem wir stehen, unserm Volke nicht bloß Sieg und Segen und dauernden Frieden bringe, sondern auch eine Erneuerung und Vertiefung der Frömmigkeit, Demut und Wahrhaftigkeit, Heldenmut und Opfersinn!“37

Hermann Dechent: Wo bleibt nun der Idealismus?38

Dechent39 nennt zunächst als Grund für das Gesamtthema, dass in diesem Krieg nicht nur mit den Waffen gestritten wird, sondern dass unsichtbare Mächte mit einander um den Sieg ringen. So sind viele Menschen erschüttert und stellen die Frage: Wo bleibt nun Gott? Der eine wird durch den Krieg näher zu Gott geführt, dem anderen wird der Rest an Gottesglauben zerstört. Doch dies ist nicht das Thema. Vielmehr soll eine Antwort auf die Frage gegeben werden: wo bleibt nun der Idealismus? Denn an dieser Frage gibt es durchaus ein religiöses Interesse. Zwar sind christlicher Glaube und Idealismus nicht zwei sich völlig deckende Kreise. Aber eine Niederlage des Idealismus schadet auch der Religion. Und es gibt ja viele Kritiker im In- und Ausland, die den Idealismus in Deutschland nicht mehr als eine der Volkskräfte sehen, nachdem sich im Krieg der Materialismus durchgesetzt hat. Und ein großer Verlierer ist dabei die Friedensbewegung.

Idealismus ist der Glaube an Kräfte, Werte und Ziele, die über den Kreis der Erfahrung hinausgehen. Einen so verstandenen Idealismus findet man in vielen philosophischen Systemen, wie etwa bei Kant oder Fichte. Der Idealismus kann sich aber auch auf dem Gebiete des Gemütes äußern, wofür die Jugendwerke Schillers ein Beispiel sind. Das bedeutet dann, dass man sich aus der Wirklichkeit in die Welt der Ideale flüchtet. Als dritte Form zeigt sich der Idealismus auf dem Gebiet des Willens. Der begegnet ihm bei Luther, den er so zitiert: „Niemand lasse den Glauben daran fahren, daß Gott durch ihn eine große Tat tun will. Solcher Glaube ist lebendig, der dringt durch und ändert den ganzen Menschen. … Selbstverständlich stehen diese verschiedenen Ausstrahlungen des Idealismus in verwandtschaftlichem Zusammenhang. Es gibt sogar seltene Menschen, bei welchen sie uns in einer wunderbaren Harmonie verschmolzen entgegentreten. Diese stellen gleichsam das Ideal des Idealisten dar. Darf ich einen Zeitgenossen nennen, bei welchem jene drei Strömungen in schöner Einheit sich verbinden? Es wird mir niemand Byzantinismus vorwerfen, wenn ich den Namen „Kaiser Wilhelm II. nenne“40. Zur Begründung beruft Dechent sich auf die Beschreibung, die der Sozialdemokrat Anton Fendrich41 von Wilhelm II. gegeben hatte.

Dechent setzt sich dann mit Anhängern und Kritikern des Idealismus auseinander und kommt zu dem Ergebnis, dass der echte Idealismus den Wirklichkeitssinn nicht ausschließt. Dies belegt er mit Ausführungen von Rudolf Eucken,42 einem „der hervorragendsten Vorkämpfer des neueren Idealismus… .Der verständige Idealist sieht vielmehr klar in die Umwelt; aber erkennt ein Ziel, das über das Gegebene hinausliegt. Er trägt sich nicht mit blutleeren Träumen; er prüft das Bestehende mit ruhigem Blick. Aber er gibt sich damit nicht zufrieden, sondern sucht innerlich darüber hinauszuwachsen“43.

Dieser Idealismus nun, wie er uns hier entgegentritt, entspricht durchaus unserer deutschen Art. Wohl gibt es auch außer Deutschland Idealismus – er trägt fast bei je-dem Volke seinen besonderen Charakter – aber unser Volk hat die geistige Führung, weil bei uns der Idealismus am wenigsten eine engherzige nationale Färbung auf-weist“44. Hierbei beruft er sich auf Houston Steward Chamberlain45 und Paul Lagarde.46 Und er stellt fest, dass die Zukunft des Idealismus „innig mit der Erhaltung unserer deutschen Eigenart verbunden“ ist. Deshalb ist es von Bedeutung, wie sich der Krieg auf die deutsche Volksseele auswirkt. Beispiele für dessen positive Wirkungen auf das deutsche Gemüt sind Gerhart Hauptmann mit seinem Lied „O, mein Vaterland, heiliges Heimatland“ oder Sudermanns Gedicht „Was wir waren“. Er erinnert an die „gemütvolle Art“ mit der deutsche Krieger ihre Unterstände ausschmücken, im Gegensatz zu den Quartieren russischer Offiziere in Ostpreußen. Und er zitiert Briefe von Müttern und Verwundeten, die von deren Idealen zeugen, und nennt Beispiele für die Opferfreudigkeit der Deutschen. Daraus folgert er, „daß der ethische Idealismus in dieser Zeit eine Verstärkung erhalten hat, wenn auch der ästhetische Idealismus manchen Schlag erfahren hat“47.

Wir wollen nicht zu hoffnungsselig in die Zukunft blicken; aber wir erwarten, daß das, was unser Volk in dieser großen Zeit erlebt hat, doch viele zu einer Prüfung und Berichtigung ihrer Weltanschauung führen wird. Uns liegt nicht an diesem oder jenem philosophischen System, wohl aber am Siege der idealistischen Weltanschauung als solcher über die Kämpen des sogenannten gesunden Menschenverstandes, die sich vermessen, die Welträtsel mit ein paar Schlagwörtern und Stichwörtern abzutun“48. Eine Stütze der idealistischen Denkweise ist die Religion. Belege dafür sieht er bei Adolf von Harnack49 und Ernst Tröltsch,50 sowie wieder bei Eucken und Chamberlain. Aber auch das Alte Testament (Jesaja 40, 30/31 und Psalm 73, 23-26) und Jesus Christus zeigen eine Verbindung von hohem Idealismus und entschiedenem Wirklichkeitssinn.

„So laßt uns das Banner des Idealismus hoch halten unentwegt-klaren Blickes für die Forderungen der Gegenwart, zugleich aber getragen von großen Gedanken für die Zukunft unseres Volkes und seine Mission in der Menschheit! Verschließen wir nicht den Blick vor dem, was unserm Ziele im Wege steht, aber setzen wir allen Bedenken ein siegesfrohes „Dennoch“ entgegen!“51

Pfarrer Georg Groenhoff: Verträgt sich das Schwert mit dem Evangelium?52

Groenhoff53 fragt zunächst, was das Evangelium zu diesem Krieg wohl sagt. Er zitiert sowohl Stimmen, die besagen, Jesus hätte auch gekämpft, wie solche, die den Krieg als Lästerung Christi ansehen. Er selbst ist der Auffassung, dass es zu dieser Fragestellung keine Antwort Jesu gibt, weil für ihn eine solche Fragestellung nicht bestanden hat. Jesus hat sich an einer individualistischen Frömmigkeit orientiert. Der Staat habe ihm nichts gegolten. Außerdem hat Jesus in der Erwartung des Endes aller Zeiten gelebt. Seine Frömmigkeit ist eschatologisch gewesen, sein Denken auf die Zukunft gerichtet und nicht auf die Gegenwart. Darin sieht er sich bestätigt durch Johannes Kübel,54 der in seinen „Landsturmbriefen“ geschrieben hatte: Wenn mich nicht alles täuscht, beruht der größte Wert, den das Evangelium für uns Soldaten hat, gerade in seiner jenseitigen, überirdischen Art. Wir lesen im Evangelium nicht, um unsern Krieg zu rechtfertigen; umgekehrt darin liegt sein Zauber, daß es uns den Krieg entrückt, daß es nicht von Franzosen und Russen redet und uns für eine Weile in die obere Welt, in die Welt der Ruhe und des Friedens eintaucht“55.

Auch würde es nichts bringen, wenn Jesus sich zum Kriege geäußert hätte, weil man seine Aussage kaum direkt auf die gegenwärtigen Verhältnisse übertragen könnte. Vielmehr müsste man sich mit der „ganzen Grundstimmung der evangelischen Verkündigung“ auseinandersetzen. Man müsse sich vielmehr fragen: Können wir als Christen Krieg führen, ohne dem Krieg zu verweigern, was dem Kriege gebührt, und ohne dem Christentum zu versagen, was Jesus von uns verlangt? Denn das ist der doppelte Fehler, der bei den verschiedenen Lösungsversuchen gemacht worden ist: Entweder man will nicht den ganzen Krieg oder doch nicht das ganze Christentum … Wir haben genug in unsern Tagen das erste gehört. Wie Beruhigungspulver sollte es wirken, wenn man zu den Menschen sagte: Ihr habt ja den Krieg nicht gewollt. Ihr seid eigentlich alle miteinander Gegner des Krieges und dürft es in eurem Herzen ruhig bleiben. Ihr habt als Christen mit dem Krieg nur zu tun, soweit Anfang, Art und Ziel der Kriegsführung euren Idealen entsprechen ... Ich meine, es würde wahrhaftig schlimm um die Selbstbehauptung und das Selbstbewußtsein unseres Volkes stehen, wenn es immer erst warten wollte, bis man von anderer Seite den Angriff wagt. Es können Zeiten kommen, wo man den steigenden Bedürfnissen eines Volkes einfach Luft schaffen muß, wenn es nicht elend ersticken will. Die innern Schätze eines Volkes können einen solch ungeheuren Einsatz an äußeren Werten einfach zur Pflicht machen. … Oder brauchen wir uns nur mit jenem Kriege ernstlich auseinanderzusetzen, bei dem die ganze Art der Kriegsführung unserm Christentum Rechnung trägt? … Wir haben uns heute mit einem Kriege abzufinden, bei dem nun einmal mit den grausamsten Mitteln gekämpft werden muß. … Oder dürfen wir uns endlich damit trösten, daß all dieses große Morden doch schließlich nur dazu diente, einen dauernden Frieden herbeizuführen? Ich beneide die Menschen um diesen Glauben ... Das Zeichen militärischer Rüstungen und nicht das Zeichen des Völkerfriedens sehe ich über der Zukunft stehen. … Und wie oft haben wir zum anderen hören müssen: mit der Allgemeingültigkeit des Christentums muß es dann aber ein Ende haben. Wenn du ernst machen willst mit dem ganzen Krieg, dann geht's nicht anders als auf Kosten des Christentums. Dann gibt’s eben ein Gebiet, auf dem es mit Jesu Einfluß zu Ende ist. ... Das ist jenes Doppelleben, mit dem so viele unsrer Soldaten sich zufrieden geben. ... Das ist jene reinliche Scheidung beider Gebiete, für die sogar Luther in seiner Schrift „Von weltlicher Obrigkeit“ seine Stimme erhoben hat“56.

Doch die beiden Gegensätze müssen zusammengebracht werden, wenn nicht die Einheitlichkeit des Lebens zerbrechen soll. Dies ist auch möglich, wenn man nicht dem Verstand mehr zutraut als der praktischen Erfahrung, die gerade jetzt im Krieg gemacht werden kann. „Wir haben jetzt eine Neuwertung unseres Lebens erfahren, wie sie geradezu aus dem Geiste der Verkündigung herausgewachsen. Es ist als wenn Jesu Lebensdeutung jetzt geradezu Triumphe feierte“57. Dazu beruft er sich auf das Buch eines Offiziers, der mit dem Leben abgeschlossen hat und jeden neuen Tag, den er erlebt, als Geschenk Gottes sieht. Er lobt die Kaisertreue angesichts des Überfalls der Feinde und zitiert Friedrich Wilhelm III.: „Welche Opfer auch von den Einzelnen gefordert werden können, sie wiegen die heiligen Güter nicht auf, für die wir sie hingeben.“ Kein Widerspruch dazu ist Jesu „Neuwertung des Lebens anderer Menschen“. Das Wort von dem Die-Backe-Hinhalten mag seine Berechtigung haben, aber nicht wenn das Vaterland in Not ist. Dann darf man dem Kampf nicht aus dem Wege gehen. Was hätte denn der barmherzige Samariter gemacht, wenn er zu dem Überfall hinzugekommen wäre? Er hätte doch sicher eingegriffen. Am Schluss bejaht er die eingangs gestellte Frage, ob sich das Schwert mit dem Evangelium verträgt.

Friedrich Manz: Erfüllt der moderne Staat christliche Ideale?58

Zu den herrlichen Geschenken dieser Zeit, ich darf wohl sagen zu den Offenbarungen dieses gewaltigen Jahres gehört, daß wir den Staat in einer neuen Weise erlebten. Wir haben auch zuvor schon groß vom Staat gedacht und unsere politischen Ideale galten der Entwicklung, dem Fortschritt und der Größe unseres Staatswesens. Aber unsere Liebe gehörte dem Vaterland. Der Staat als die äußere Form, in die unser Volkstum gefaßt ist, war uns Unvollkommenes, Wandelbares, da hatte man mehr zu tadeln als zu loben. … Und nun hat dieser Staat, der aus tausend Wunden blutete von den Hieben seiner Zuchtmeister, eine so wunderbare Lebenskraft gezeigt. Es wird uns unvergeßlich sein, wie sich dieser gewaltige Organismus in kürzester Zeit umstellen konnte auf den Krieg, wie der Schutzpanzer automatisch in Tätigkeit trat, wie alle Säfte einen neuen Weg einschlugen, um den Schutzpanzer zu nähren, wie nach Abschneidung der Adern, die uns mit der übrigen Welt verbanden, der Organismus die Kraft zu selbständigem Leben offenbarte. Und dann kamen die Brotkarten. Wie eine Mutter im kleinen Haus-halt den Kindern das knapp werdende Brot weise zuteilt, so sind in einem Volk von 70 Millionen jedem Einzelnen die Brotrationen zugemessen worden. Es soll nicht gesagt werden und kann nicht gesagt werden, daß alles geklappt hat ... So ist uns der Staat zu einem sittlichen Erlebnis geworden. Es ist in diesem gewaltigen Kriegsjahr in das lebendige Bewußtsein von Millionen eingetreten, was sich seit anderthalb Jahrhunderten in der Geistesgeschichte und in der politischen Geschichte unseres Volkes vorbereitete. Wie es für den religiösen Glauben Heilstatsachen gibt, so wird es auch für den Glauben an den Staat in Zukunft Heilstatsachen geben, und wir haben sie erlebt und künftige Geschlechter sollen von unserm Erlebnis zehren. Wir werden zwar nach dem Krieg große Enttäuschungen erleben aber ... so wird auch für uns und die kommenden Generationen diese tiefe Erweckung von unauslöschlicher Wirkung sein, gerade weil ein Jeder sein Bestes hingab, und zwar nicht bloß Leben und Gut, sondern auch Lieblingsideen, Schlagwörter und Parteidogmen ... Der Staat ist damit für uns in die Reihe der höchsten Güter eingetreten“59.

Nach diesem Loblied auf den Staat stellt Manz Fragen: wie das zusammen passt mit dem, was die Christen als höchstes Gut ansehen; ob man sich dem weltlichen Staat mit ungebrochener Energie hingeben könne; wie die sittlichen Ideale mit den christlichen Idealen zusammen passen, ob das Christentum eine Förderung dessen bedeutet, was die Gegenwart zu sittlichen Verpflichtung macht; ob es nicht ein große Spannung zwischen dem Evangelium und dem modernen Bewusstsein gibt. Und aus diesen Fragen ergibt sich das Thema des Vortrages, das er nicht als Volksredner oder Parteiagitator behandeln will, sondern weil es sich für ihn um eine persönliche Gewissensfrage handelt. Er will als jemand sprechen, dem der religiöse und sittliche Idealismus des Christentums heiligstes Gut geworden ist, dem Jesus zum Erwecker persönlichen Lebens in Gott geworden ist.

Trotzdem stellt Manz zunächst fest, dass Jesus uninteressiert am staatlichen Leben gewesen ist. Er hat die Existenz des Staates hingenommen, ist aber vor allem an Gottes Willen interessiert gewesen. Jesu unbedingter religiöser Idealismus hat kein soziales oder politisches Programm enthalten. Das gilt auch für das bekannte Wort: „Gebt dem Kaiser, was des Kaisers ist, und Gott, was Gottes ist.“ Dabei bezieht sich Manz auf Friedrich Naumann. Der hat zunächst im Evangelium Grundprinzipien für eine Neugestaltung der Gesellschaft gesehen. Auf einer Palästinareise hat er sich aber angesichts der Armut und Hoffnungslosigkeit der Menschen die Frage gestellt, ob die Haltung Jesu zu solchen Problemen nicht dem heutigen Menschen sehr fremd ist. Jedenfalls hat er bei Jesus kein Programm für die Lösung der sozialen Probleme der Gegenwart gefunden. Ebenso findet man bei Jesus keine Hinweise, die für die Bildung eines Staatsbegriffes oder eines Staatsideals hilfreich sein können.

Diese Erkenntnis hat für einen, der ohne inneren Zusammenhang mit dem christlichen Glauben ist, weiter nichts Aufregendes. Für uns liegt aber darin ein schwerer Verzicht. Jesus hatte für uns absolute Bedeutung im gesamten Umfange des religiösen und sittlichen Lebens. Wir haben die Bergpredigt als die Grundlage aller Sittlichkeit aufgefaßt. Wir freuten uns, wenn wir eine Erscheinung des sittlichen Lebens in der modernen Welt als eine Entfaltung sittlicher Grundgedanken Jesu nachweisen konnten. Wir hatten gerne für alle Lagen des Lebens ein Wort Jesu. Und nun tut sich das weite Gebiet des politischen und staatlichen Lebens auf, und es stehen uns dafür keine Worte Jesu zur Verfügung, im Gegenteil nur solche, die uns stören können in der ruhigen Hingabe an den Staat. … Wir müssen darauf verzichten, alle sittlichen Forderungen mit Worten Jesu belegen zu wollen, wir müssen überhaupt verzichten auf den Gedanken, Jesus sei ein sittlicher Gesetzgeber, der hoch auf einem Berge über allen Zeiten stehe und sittliche Normen verkündige. Wir müssen ernst machen mit dem Gedanken des Apostels Paulus: „Christus ist des Gesetzes Ende“. Man kann im einzelnen ganz anders anders handeln und handeln müssen, als Jesus gehandelt und gefordert hat. Es kommt nur darauf an, dass wir mit derselben Treue und derselben unbedingten Entschlossenheit wie er dem Willen Gottes in unserem Herzen gehorsam sind. Durch bloße Nachahmung Jesu kommt keine echte Sittlichkeit zustande“60.

Doch gibt es ja im Neuen Testament neben dem Christentum Jesu Christi noch das Evangelium von Christus, zu finden in den Briefen des Apostels Paulus. Paulus ist römischer Staatsbürger gewesen, weshalb es bei ihm ein positiveres Verständnis vom Staat geben könnte. In der Tat enthält der Römerbrief mit dem bekannten „Jedermann sei untertan der Obrigkeit ...“ Grundelemente einer staatlichen Sittlichkeit. Allerdings sind auch diese nicht als Vorbild geeignet, weil es sich um ein vereinzeltes Zeugnis des Apostels handelt, das mit der Grundrichtung seines inneren Lebens nicht weiter zusammenhängt, und das in der Gedankenwelt des Apostels weiter keine entscheidende Rolle spielt. Der Grundgedanke des Apostels ist der der Erlösung von Sünde und Tod. Die Seele dieses Mannes wurzelt nicht in dieser Welt, sein Interesse gehört einer kommenden Welt, die keine Obrigkeit braucht, weil Christus das Haupt der Gemeinde ist ... Ich kann nur sagen und weiß, daß ich hier im Namen Vieler spreche: Wir stehen mit innerer Freiheit dem Wort des Apostels gegenüber; wir lassen es uns nicht zum Gesetz machen und nicht zum Schema, in das wir unser religiöses Denken hinein-zwingen, aber was der innerste Kern seines Glaubens gewesen ist, das ist auch Kern und Stern unseres Lebens“61.

Also muss man sich selbst mit dem Staat befassen. Den gibt es vor, außer und unabhängig vom Christentum. Schon im Altertum ist er ein hohes Gut gewesen. „Seinem innersten Wesen nach aber stammt der Staat nicht aus dem Reich der Ideale, sondern aus dem Naturreich“62. Darum kann man auch Beobachtungen aus dem Naturreich auf ihn übertragen, und man kann in der staatlichen Ordnung eben so wie in den Ordnungen der Natur Gottes Ordnung und Gottes Wirken sehen. Aber es sind eben ganz andere Gotteskräfte wirksam, als die, die einem „im christlichen Erlebnis zuströmen“63. Dennoch stellen sie eine Verbindung zwischen Staat und Christentum her. Ja, es ist eine Tatsache, dass die modernen Staaten durch das Zusammenwirken des kirchlichen Idealismus und des natürlichen Lebenstriebes im Volkstum entstanden sind. „Sie streben zusammen, weil sie einander brauchen“64. Das Christentum braucht den Staat, weil Ideale sich materialisieren müssen. Es kann auf Dauer in kulturlosen und staatslosen Völkerschaften nicht existieren. Es muss Kultur und Staat zu Hilfe holen. Der Staat schafft durch seine Rechtsordnung Grundlagen der Sittlichkeit, auf deren Boden erst die christliche Sittlichkeit gedeihen und sich entwickeln kann. Er fordert von seinen Bürgern Pflichttreue, Unterordnung, Opfer, Erhebung über den Ei-gen-, Familien- und Parteiorganismus, Ehrfurcht und Pietät. Damit bricht er dem christlichen Idealismus die Bahn. Auch der Staat braucht aber das Christentum, weil seine Ordnung nur das ethische Minimum darstellt. Er hat ein Interesse daran, dass seine Glieder darüber hinaus wachsen, ohne das leisten zu können. Auch kann er auf die tiefsten Fragen des Herzens keine Antwort geben. Das kann man am Begriff der Freiheit sehen. Das Naturrecht des Staates fordert bürgerliche Freiheit, Gewissensfreiheit, freie Selbstbestimmung. Auch das Christentum kennt „Freiheit“ und kann sich dabei auf das Neue Testament beziehen. Aber es ist eine innere Freiheit, die das Ideal der Bruderliebe als notwendiger Ergänzung der bürgerlichen Freiheit beinhaltet. Aber die Liebe kann nicht zur gestaltenden Kraft in einem großen Volksorganismus werden, sie kann nicht die Grundlage eines sozialen Programms für ein Millionenvolk werden, sie stößt einfach auf Schranken, die sie nicht durchbrechen kann. ... Was den ureigensten Lebensbedingungen des Staates entspricht, ist nicht Liebe und Barmherzigkeit, sondern Recht und Ordnung“65.

Und trotzdem ist die Liebe in all der seelischen und körperlichen Not des Lebens notwendig. Christentum und Staat brauchen einander also. Ein auf den christlichen Prinzipien aufgebauter Staat aber ist „eine physiologische Unmöglichkeit“66. Die Kirche muss in erster Linie Trägerin des sittlichen und religiösen Idealismus sein, und zwar unabhängig vom Staat und ohne Abzweckung auf den Staat. Sie muß sich dessen bewußt bleiben und darnach handeln, daß über den sittlichen Idealen des Staates die Ideale des inneren Lebens stehen. ... Darum muß die Kirche das Selbstbewußtsein ihres göttlichen Berufes an die Menschheit voll und ganz bewahren. Ja sie muß unter Umständen die Menschenseelen erretten aus ihrer Verknechtung an den Staat, muß ihnen gegebenenfalls das Rückrat stärken zu dem Bekenntnis: „Man muß Gott mehr gehorchen als den Menschen.“ ... der Mensch lebt nicht um des Staates willen, sondern der Staat um des Menschen willen“67.

Andererseits muss die Kirche „mit vollem Bewußtsein sich dem Staate zuwenden und muß ihm bei aller inneren Freiheit und Selbständigkeit dienen“68. Das aber nicht durch Übernahme politischer Aufgaben oder durch „soziale Schöpfungen“. Sind doch Aufgaben, die früher die Kirche wahrgenommen hat, inzwischen zu Recht auf den Staat übergegangen, der sie besser erfüllen kann. Die Aufgabe der Kirche am und im Staat bleibt eine vorwiegend sittliche, erzieherische, gewissenweckende. Sie muss ihre Stimme erheben bei Missständen wie der Wohnungsnot oder dem Lebensmittelwucher, aber auch gegen „demoralisierende Einrichtungen und dass Heraustreten des Lasters auf den Gassen“69. Daneben bleibt viel Raum für kirchliches Engagement etwa bei der Jugendfürsorge und der Samariterarbeit an Armen und Elenden, die aus der staatlichen Fürsorge herausfallen. Doch soll sie sich damit nicht verzetteln. Vielmehr ist ihre Hauptaufgabe „das Seelsorgeamt im lieben deutschen Volk“70, ein Werk, für das nur wenige berufen und auserwählt sind. Und sie muss Menschen erziehen, die getragen von der frohen Botschaft, das Salz in der Gesellschaft sind, das den Fäulnisprozess stoppt. Außerdem beweist die Geschichte, dass die Frömmigkeit auch das Fundament der ganz Großen und Starken in der deutschen Geschichte gewesen sei. Beispiele sind der Freiherr vom Stein und Ernst Moritz Arndt, Kaiser Wilhelm I. und Bismarck, Kaiser Wilhelm II. und Hindenburg. Abschließend glaubt und hofft Manz, „daß unser deutsches Volk, das so gewaltig das Schwert führt, auch fähig und berufen ist, Kelle und Meißel zu führen, zu bauen das Haus Gottes in deutschen Landen“71.

Wilhelm Lueken: Dürfen wir nach Weltherrschaft streben?72

Lueken beginnt mit einem Ereignis, das ihm fast ein Wendepunkt der Weltgeschichte zu sein scheint. Deutschland hat zusammen mit seinen Verbündeten die Verbindung zur Türkei und nach Vorderasien erzwungen. Mit der Bagdadbahn gibt es eine Bahnverbindung von Hamburg nach Bagdad. Deutscher Einfluss reicht nun von der Nordsee bis zum Persischen Golf. „Vaterländisch erregte Phantasie“ 73träumt bereits von Deutschland als Weltmacht neben Russland und dem englischen Weltreich. Da stellt sich die Frage, ob Deutschland überhaupt nach der Weltherrschaft trachten darf. Da-mit aber geht es um die Frage nach dem sittlichen Recht oder Unrecht des Imperialismus. Schaut man in die Bibel, dann fällt es nicht schwer, Belege für die Widergöttlichkeit einer Weltherrschaft zu finden. Beispiele sind die Versuchung Jesu (Matth. 4, 8) und die Vision von den Weltreichen bei Daniel (Daniel 7). Deshalb kann man verstehen, dass Christen in der Gegenwart das Streben nach Weltherrschaft, etwa Englands, Russlands oder Frankreichs, als unsittlich, unchristlich, unmenschlich, raubtierartig und teuflisch ansehen. Aber wenn das so wäre, dann wäre es „Sünde, wenn auf dem Humusboden des Waldes das Heidekraut um sich greift, bis schließlich der stolze Wald ihm das Feld räumen muß“74. Durch die ganze Natur geht das Streben nach Macht. Und so zieht sich auch durch die Menschheitsgeschichte das Streben nach Macht. Die Zersplitterung in kleine Völkerschaften und Staaten wich dem Einheitsstaat. Die primitiven Altreiche wichen den fortschrittlicheren antiken Staaten. Die germanischen Stämme gingen im „Heiligen Römischen Reich Deutscher Nation“ auf. Dem folgten Nationalstaaten und diesen die Weltreiche von England und Frankreich. Nicht anders sei es in der Wirtschaft mit kleinen und großen Firmen.

Doch ist dies nicht nur ein Naturgesetz. Sogar Jesus hat dies auf die Formel gebracht: Wer da hat, dem wird gegeben, daß er die Fülle habe; wer aber nicht hat, dem wird auch das, was er hat, genommen. Das mag hart sein, man kann das auch als Tragik bezeichnen. Aber in dem Drang zum Leben, Wachsen und Herrschen offenbart sich jene geheimnisvolle Gewalt, die wir Gott nennen.Aber da sehen wir nun wieder: Es ist auch ein sittliches Muß, das die Völker und ihre verantwortlichen Leiter zum Streben nach Ausdehnung ihrer Macht drängt, ein sittliches Muß, das insbesondere jetzt unser deutsches Volk auf die Bahn nach größerer Anteilnahme an der Weltherrschaft getrieben hat. Es ist die Verantwortlichkeit für unser wachsendes Volk. Was soll aus all dem Überschuß unseres Volkstums werden? Soll das Siebzig-Millionen-Volk, das wir heute sind, nicht mehr sein, nicht mehr leisten und mehr bedeuten wollen als das Ein-undvierzig-Millionen-Volk, das wir vor 44 Jahren, nach dem Kriege von 1870/71 waren? Ob wir wollen oder nicht, wir sind mehr, wir bedeuten mehr, und wir brauchen auch mehr Platz. Sollen wir, um ja nicht andern ins Gehege zu kommen, absichtlich das Wachstum unseres Volkes zurückdämmen? Es absichtlich zum Stillstand bringen? Das heißt, Selbstmord begehen am eigenen Volk. ... So kann die Verantwortlichkeit für ein wachsendes Volk, das in seinen bisherigen Grenzen nicht genügend Raum und nicht genügend Lebensmöglichkeiten hat, unter Umständen zu der unausweichlichen Pflicht führen, das bisherige Gebiet zu erweitern, geeignetes Land zu annektieren, Siedlungskolonien zu erwerben, die den Überschuß des eigenen Volkstums aufnehmen können. Und weiter kann diese Verantwortlichkeit dazu zwingen, die wachsenden Lebensbedürfnisse, die im eigenen Lande nicht genügend gedeckt werden können, durch gesteigerten Anteil am Welthandel zu befriedigen und sich einen beherrschenden Platz auf dem Weltmarkt zu erkämpfen. Das ist ja die Lage, in der wir uns seit Jahren befinden“75.

Allerdings gibt es nicht nur die Verantwortung für die Steigerung der materiellen Güter. Es gibt auch die Verantwortung für die geistige Kultur und das geistige Erbe. Deshalb ist es nicht Hochmut, hier von einem „besonderen Beruf“ der Deutschen zu sprechen. Schließlich halten selbst die Gegner das geistige Deutschland für besser als das militärische. Wenn aber diese geistige Kultur nicht verkümmern soll, dann gilt für das deutsche Volk ein Wort von Wilhelm von Humboldt, nach dem nur eine nach außen hin starke Nation den Geist in sich bewahrt, aus dem alle Segnungen im Innern strömen.Belege dafür sind die Blüte der hellenistischen Kult unter Alexander dem Großen, der römischen Kultur unter Augustus, Shakespeare unter Elisabeth, Frankreich unter Ludwig XIV. und die Bedeutung Friedrichs des Großen für die die deutsche Kultur76.Auch ist Deutschland das Streben nach stärkerem kulturellem Einfluss nicht nur sich selbst sondern auch der Welt schuldig. Schließlich hat das Deutschtum schon immer anderen Völkern als „Kulturdünger“77 gedient. Frankreich, England und Russland denken schließlich auch nicht anders. Eine religiöse Bemäntelung dieses Machtstrebens ist allerdings heuchlerisch. Deshalb plädiert er für die Ehrlichkeit, dies etwa bei völkerrechtswidrigem Handeln deutlich zu benennen. Diese Ehrlichkeit war z. B. in der Reichstagsrede des Reichskanzlers von Bethmann-Hollweg am 4. August 1914 gegeben: „Wir sind jetzt in Notwehr und Not kennt kein Gebot ... Wer, wie wir um das Höchste Gut kämpft, darf nur daran denken, wie er sich durchhaut“ 78. Es ging um den Bruch der belgischen Neutralität79.

Denn der nächste Zweck des Staates ist die Selbstbehauptung des in ihm zusammengefaßten Volkes; und zwar die Behauptung und Entfaltung nicht nur seines physischen Daseins, sondern vor allem der in diesem Volke vorhandenen moralischen Werte, seiner geistigen Kultur und ihrer Entwicklungsmöglichkeiten. Eine Staatsleitung, die das ihr anvertraute Volk aus irgendeinem nicht im Interesse des Volkes liegenden, wenn auch scheinbar noch so idealen Grunde preisgeben würde, die versündigte sich an dem, was ihre oberste Pflicht ist. … Dies könne durchaus zu einer Spannung führen, wenn diese Staatsethik mit der Individualethik Jesu zusammenstoße. Aber wenn man nicht glaube, dass die Welt morgen zu Ende sei, sondern in dieser Welt leben und arbeiten wolle – dies auch für die Kinder wolle -, dann müsse eine Verbindung dieser beiden ethischen Bereiche hergestellt werden. Diese führe aber nicht zu einer einfachen Lösung des Konflikts. Denn es bliebe die Forderung, dass auch das politische Handeln ein moralisches sein solle, wie Glauben ein moralisches Handeln sein könne. Für ihn habe Bismarck das in sich vereinigt. Im Grunde sei die protestantische Ethik das: „Hier stehe ich; ich kann nicht anders“80.

Die Antwort auf die eingangs gestellte Frage findet Lueken schließlich in Bismarcks besonnener Politik81. Und sie hing damit zusammen, wie verantwortlich die Weltmacht mit ihrer Macht umgeht. Es gelte auch hier das Bibelwort: Wem viel gegeben ist, von dem wird man viel fordern. Auf die Frage, wie Deutschland die Macht, die ihm gegeben ist gebraucht, gibt er folgende Antwort: Wir sind verantwortlich für die uns unterworfenen fremden Völker. Zunächst für einverleibte fremdvölkische Minderheiten innerhalb der Grenzen des Deutschen Reiches. Wir können uns der Schwierigkeiten, die sie uns machen, nicht auf so bequeme Weise entledigen, wie das Volk Israel es bei seiner Eroberung Kanaans mit den unterworfenen bisherigen Einwohnern des Landes machte, die es (wenigstens nach den Erzählungen des Buches Josua) einfach über die Klinge springen ließ. Da ist doch unser sittliches Empfinden inzwischen feiner geworden. Und wo etwa im vorderen Orient jene altorientalischen radikalen Methoden noch beliebt sein sollten, z. B. um die unbequemen Armenier loszuwerden, da dürfte es auch unsere Pflicht sein, unsern orientalischen Bundesgenossen nachdrücklich klarzumachen, was eines hochstehenden Volkes und Staates würdig ist. Aber wir werden selbst auch besser lernen müssen als bisher, diese Minderheiten auszusöhnen mit ihrem Geschick und sie moralisch für uns und unser Staatswesen zu gewinnen; - was man bisher in Preußen-Deutschland leider nicht immer in wünschenswertem Maße verstanden hat. Eine ähnliche Verantwortung haben wir gegen die unserm Schutz befohlenen Eingeborenen unsrer Kolonien. Es wäre eine Schmach für das deutsche Kulturvolk, wenn sich an diesen Naturkindern wiederholen sollte, was das Schicksal der Rothäute Nordamerikas war … Wenn ein Kulturvolk eine Kolonie in Besitz nimmt, so hat es auch die moralische Verpflichtung, sie kulturell zu heben ... es handelt sich vor allem auch um eine Erziehungsaufgabe, um Erziehung der Eingeborenen zu einer besseren geistigen, religiösen und sittlichen Kultur. ... Und ähnliche Verpflichtungen haben wir überhaupt gegen alle, die in unseren Interessengebieten, sei es im vorderen Orient oder im fernen Osten in politische, wirtschaftliche und geistige Abhängigkeit von uns geraten, auch ohne dass sie Untertanen und Schutzbefohlene unseres Deutschen Reiches werden ... Bewahrt das deutsche Volk, auch wenn es jetzt zu völkerbeherrschender Weltmachtstellung emporsteigt, diesen Geist, dann ist sein Sieg in diesem Völkerringen ein Sieg für die Menschheit gewesen. Dann dürfen wir Schillers Wort auch weiterhin auf uns anwenden: „Jedes Volk hat seinen Tag in der Geschichte. Doch der Tag der des deutschen ist die Ernte der ganzen Zeit“82.

In allem sieht man, wie eine deutsch-nationale Haltung das theologische Denken prägen kann. Und selbst ein so besonnener Mann wie Erich Foerster war davon nicht frei. In seinen Erinnerungen beschrieb er,83 wie viele alte Freunde der „Christlichen Welt“ sich über Martin Rade entrüsteten. Rade, „der sich der Kriegsbegeisterung mit starker Betonung des Sündhaften darin, das sich ja auch in der gehässigen Spionen-hetze, in der Verfolgung verdächtiger Ausländer, in Äußerungen maßloser Überhebung peinlich genug offenbarte, entgegenstellte, - aber nicht nur das, sondern auch das moralische Recht Deutschlands in Frage stellte, durch Belgien zu marschieren.“ Während andere deshalb aus dem Kreis der Freunde der Christlichen Welt ausgeschieden seien, habe er das nicht gekonnt. Aber eine langjährige Entfremdung habe es doch gegeben. Theologische Rechtfertigung des Krieges und bildungsbürgerliche Auseinandersetzung mit abstrakten Problemen wurden ihrer Bedeutsamkeit entkleidet mit einer schon zitierten Bemerkung Kübels in seinen „Landsturmbriefen“: „Wenn mich nicht alles täuscht, beruht der größte Wert, den das Evangelium für uns Soldaten hat, gerade in seiner jenseitigen, überirdischen Art. Wir lesen im Evangelium nicht, um unsern Krieg zu rechtfertigen; umgekehrt darin liegt sein Zauber, daß es uns den Krieg entrückt, daß es nicht von Franzosen und Russen redet und uns für eine Weile in die obere Welt, in die Welt der Ruhe und des Friedens eintaucht“84.

3. 1917 - Ein Reformationsjubiläum im Kriege

Das Reformationsjubiläum stand im Schatten des Krieges. An große Jubelfeiern war nicht zu denken. Aber es gab viele Gottesdienste, kirchenmusikalische Veranstaltungen und Vorträge. In Zusammenarbeit mit den „Freunden der christlichen Freiheit“ und der „Evangelischen Vereinigung“ fanden auch wieder „Frankfurter Vorträge“ statt. Erich Foerster sprach über „Reformation und bürgerliche Freiheit“, Wilhelm Lueken über „Der Gottesdienst im Geist“, Wilhelm Bornemann über „Die Majestät des Gewissens“ und Willy Veit über „Die Religion als Erlebnis.“ Mit den ersten beiden wollen wir uns beschäftigen.

Erich Foerster: Reformation und bürgerliche Freiheit85

Foerster beginnt mit einer Reminiszenz an die Ansprache Friedrich Hegels in der Berliner Universität Berlin aus Anlass des 300jährigen Jubiläums der Übergabe der Augsburger Konfession im Jahre 1830. Hegel hätte seine Rede damit begonnen, dass es jetzt keiner besonderen Rechtfertigung mehr bedürfe, wenn ein Laie über die Religion sprechen wolle. Denn dieses Recht sei der Reformation zu verdanken. Bis dahin nämlich war die Lage der Christenheit, daß sie in zwei Stände zerrissen war. Der eine hatte das Recht und die Handhabung der uns durch Christus erworbenen Freiheit an sich gerissen, der andere war zur Knechtschaft erniedrigt, ein Sklave eben dieser Freiheit geworden. Unter christlicher Freiheit aber verstehen wir dies, daß ein jeder für würdig erklärt ist, sich Gott zu nahen in Erkenntnis, in Gebet und in Verehrung, daß jeder selbst sein Verhältnis zu Gott und das Gottes zu ihm regele und Gott selbst sich in der Menschenseele offenbare. Diese Freiheit, das höchste Gut, das einem Menschen geschenkt werden kann, war ihm entrissen worden, und der Verkehr des Menschen mit Gott wie durch eine eherne Mauer durchbrochen ... Fürsten und Völker Deutschlands schüttelten die Knechtschaft ab und sagten sich von dem Unterschied zwischen Laienstand und geistlichem Stand los. ... Denn unmöglich konnten die Geister, die aus der Knechtschaft des Aberglaubens entronnen waren, noch weiter gedrückt werden von Gesetz und Herrschaft, wie sie nach den Regeln der früheren Religion gestaltet war. Die Religion kann nicht in der Verborgenheit der Seele festgehalten und vom Handeln und der Einrichtung des Lebens ferngehalten werden. So groß ist ihre Gewalt und Macht, daß sie das ganze menschliche Leben umfaßt und leitet, und deshalb muß eine Reformation der Religion auch eine Reformation der Staaten und der Gesetze nach sich ziehen“86.

Nach Hegel hat die alte Lebensordnung die natürlichen Pflichten des Menschenlebens erniedrigt und verachtet zu Gunsten eines Ideals der Heiligkeit. Verachtet worden sind die wechselseitige Liebe der Ehegatten, Eltern, Kinder, die Gerechtigkeit und Güte gegen andere Menschen, Fleiß und Rechtschaffenheit im wirtschaftlichen Leben, Liebe zu Vaterland und Fürst. Die alte Kirche hat den Verzicht auf Liebe und Fürsorge für höher erachtet, die Armut zur heiligen Tugend gemacht und vom Menschen blinden Gehorsam und Knechtschaft des Denkens verlangt. Erst da aber, wo die Pflichten gegen Familie, Nächsten, Vaterland und Wissenschaft als göttliche Gebote erkannt werden, kann sich der Mensch ihnen wahrhaft hingeben. „So ist die bürgerliche Freiheit und Gerechtigkeit allein die Frucht der wiedergewonnenen religiösen Freiheit“87. Foerster sieht darin das gleiche Denken, wie es Goethe formuliert hat: Wir wissen gar nicht, was wir Luther und der Reformation im allgemeinen alles zu danken haben. Wir sind frei geworden von den Fesseln geistiger Borniertheit. Wir haben wieder den Mut, mit festen Füßen auf Gottes Erde zu stehen und uns in unsrer gottbegabten Menschennatur zu fühlen“88.

Das ist die gängige Auffassung des 19. Jahrhunderts gewesen, die man nach dem gegenwärtigen Stand der reformationsgeschichtlichen Forschung jedoch nicht mehr teilen kann. Dagegen spricht die Gestaltung des öffentlichen Lebens im Gefolge der Reformation. Die Reformation hat zu Staatskirchen in konfessionellen Staaten geführt. Zwar sind die Staaten frei von der Autorität der katholischen Kirche geworden. An deren Stelle ist jedoch die Autorität des Wortes Gottes getreten, wie es jeweils von den Theologen ausgelegt und verkündigt wurde. Auch die Fürsten sind deshalb keineswegs frei gewesen, vielmehr abhängig vom Kaiser wie von ihren Hofpredigern. Hier hat es auch keine bürgerliche, wissenschaftliche oder künstlerische Freiheit oder gar Glaubens- und Gewissensfreiheit gegeben. Ein Gedanke an die Rechte des Einzelnen ist nicht einmal im Ansatz zu erkennen und der Mensch in die ständische Ordnung eingepresst. Allerdings ist das auch kein Abfall von den Grundgedanken Luthers gewesen, sondern genau in seiner Ethik angelegt gewesen. Deshalb muss man sich Luthers Lehre genauer ansehen.

Nach Luther fordert der Wille Gottes von dem Menschen, der ihn erfüllen will, zweierlei: Einmal die Arbeit an der eigenen Heiligung; daß der Christ fortschreite in der wahren Gottesliebe, Demut, Geduld, willigem Kreuztragen, und standhafter Bekenntnistreue, in Furchtlosigkeit gegenüber dem Tode und in Erkenntnis und Verständnis des göttlichen Wortes. Zweitens die Übung der Nächstenliebe; daß der Christ alle seine Kraft in die selbstlose Arbeit für die anderen werfe, ihre Fehler und Sünden vergebe und trage, ihre Leiden lindere, sich, wenn es sein soll, von ihnen beleidigen und verfolgen lasse ohne zu vergelten, und ihnen das Zeugnis des göttlichen Wortes, um sie selig zu machen, nicht schuldig bleibe. Dazu soll, nach Luther, den Christen die Dankbarkeit für die Gnade Gottes immer von neuem antreiben“89.

Das aber ist eine Sicht, die gerade nicht zur Veränderung der Verhältnisse, zum Kampf um die Stellung des Einzelnen in der Gesellschaft, zum Erringen von Rechten und Freiheiten oder zur Beherrschung der Natur ermuntert. Für Luther ist die Welt, so wie sie ist, von Gott gewollt und geordnet, und der Mensch muss das Kreuz des Lebens auf sich nehmen und sich gegenüber Gott darin bewähren. Foerster zeigt das dann an drei Stellungnahmen Luthers. Gegen Ende seines Lebens habe Luther mit Wittenberger Juristen im Streit gelegen. Diese wollten „heimliche“ Verlobungen junger Leute ohne vorherige Einwilligung der Väter als rechtsgültig anerkennen. Dagegen stritt Luther heftig. Die Juristen beriefen sich auf das kanonische Recht, das die Eheschließung als freie Tat zweier Erwachsener beschrieb. Luther vertrat die Auffassung, daß die Eheschließung die Erfüllung einer Pflicht sei, die der Hausvater im Namen Gottes von seinen Kindern fordern könne und dass er den Gatten und den Zeitpunkt zu bestimmen habe. In der „heimlichen“ Verlobung sah er eine Sünde, die die Obrigkeit zu ahnden habe. Foerster meint, wenn man das heute anders sieht, kann man sich nicht auf Luther berufen. Das zweite Beispiel ist Luthers Haltung zu der Forderung der Bauern, ihre Leibeigenschaft aufzuheben. In seiner Schrift wider die Bauern äußert Luther unter Berufung auf die Leibeigenschaft im Alten Testament und auf Paulus, dass die Forderung der Bauern gegen das Evangelium verstoße und „räuberisch“ sei, weil der von der Leibeigenschaft Befreite seinem Herrn seinen Leib nehme. Und er zitiert Jesus: „Ihr sollt dem Übel nicht widerstehen, sondern wer dich zwingt eine Meile wegs, mit dem gehe zwei Meilen. Und wer dir den Mantel nimmt, dem lasse auch den Rock. Und wer dich auf die Backe schlägt, dem halte auch die andere dar“90. Foerster meint, schärfer könne man die Grenze zwischen christlicher und bürgerlicher Freiheit nicht ziehen. Ein drittes Beispiel ist Luthers Haltung zum Recht des bewaffneten Widerstands gegen den Kaiser. Der Kaiser ist Obrigkeit, und die ist göttliche Ordnung. Deshalb besteht ihr gegenüber die Pflicht zum Gehorsam. Nur eine Ausnahme sei zulässig. Wenn es eine besondere göttliche Inspiration gebe wie einst bei den Königen Judas. Zwar kann es juristisch eine andere Sicht geben, aber nach der Schrift ist das nun mal so. Foerster stellt dem die brandenburg-preußische Reichspolitik gegenüber und fragt, ob das wohl der lutherischen Sicht entspräche.

Aus allem folgert er, dass der moderne Individualismus sich nicht auf Luther berufen kann91. Und er bezweifelt, dass das wirklich so schlimm ist. Inzwischen kann man doch auch die negativen Seiten des Individualismus sehen. Ist doch der Blick des Einzelnen all zu oft kurzsichtig und beschränkt, der Einfuß des Eigennutzes und des Vorurteils zu groß. Zu den Schattenseiten gehört auch die Auflösung der Familie, die Erschütterung des Staates, die Zerstörung der Einheit der Kulturmenschheit, eine gefährliche Zurückdrängung des Bewährten und eine „Vordringlichkeit des eitlen Dilettantismus. ... Heute, im vierten Jahre des Weltkrieges, kann niemand der eindringlichen Frage aus dem Wege gehen: Wohin hat uns der Gedanke, daß jedes Volk das Recht habe, sich ausschließlich von seinem Machtwillen leiten zu lassen, und daß es in seiner Politik frei sei von jedem übergeordneten, sittlichen Gesetz, geführt? Und wie soll ein Volk und ein Staat bestehen, dessen einzelne Glieder der Pflicht der Unterordnung unter das gemeine Beste sich entschlagen“92?

Foerster möchte die Reformation auch nicht an ihrem Einfluss auf die Kultur messen, sondern als eine „religiöse Bewegung in der Geschichte des Verhältnisses zwischen Menschenseele und Gott.“ Er sieht das „Verlangen des Menschen nach freier Betätigung aller seiner Kräfte und Gaben, nach Geltendmachung seines Verstandes und Geschmacks, nach Rechten, Freiheiten, Wohlstand und Macht“93als natürlichen Trieb der Einzelnen und der Völker. Das ist nun einmal Menschenart. Nur stoßen die Interessen des Einzelnen auf die der anderen. Und deshalb müssen diese Triebe kultiviert wer-den, indem der Einzelne sich dienend in die Gemeinschaft einbringt und sich von ihr die Grenzen seiner Rechte und Freiheiten ziehen lässt. Und das sei der Reformation zu danken, dass sie „in der Entwicklung der bürgerlichen Rechte und Freiheiten die Funktion einer Hemmung und eines Widerstandes geübt hat. ...“94. Sie hat den Menschen durch die Verkündigung unantastbarer Gesetze zu veredeln gesucht. Allerdings hat jede Generation wieder neu die Grenzen zwischen den Rechten der Kinder und Frauen gegenüber der hausväterlichen Gewalt, der Dienenden gegenüber den Herren, der Untertanen gegenüber der Obrigkeit und der Staaten unter einander zu bestimmen.

Die Reformation hat damit den Einzelnen angeleitet, nicht nur nach seinen Rechten, sondern auch nach seinen Pflichten zu fragen und nach der Verantwortung für ein jenseits seines Lebens liegenden Großes, Familie, Vaterland, Wissenschaft und Humanität. Schließlich ist ein Vermächtnis Luthers die Unterscheidung von bürgerlicher und religiöser Freiheit. Damit hat er die Deutschen davor bewahrt, in einer bestimmten Form der staatlichen und bürgerlichen Verfassung ein göttliches Gebot zu sehen. Von „christlicher Demokratie“ oder „christlicher Wirtschaftsordnung“ zu sprechen, ist ein Missbrauch des Christentums. Und die Reformation hat den Anstoß dazu gegeben, nicht um Rechte zu erringen sondern um sie zu gewähren. Denn nach der napoleonischen Notzeit ist der Wert der Persönlichkeit des Einzelnen so groß geworden, dass der Staat sie nicht mehr übersehen konnte. Um seiner eigenen Entfaltung und Macht willen hat er diese Persönlichkeitsrechte in seinen Dienst gestellt. So ist der Individualismus aus einer oppositionellen Kraft zu einer mit tragenden Kraft der Gemeinschaft geworden. „Der lutherische Protestantismus hat dem Individualismus, dem Verlangen nach Rechten und Freiheiten im bürgerlichen und öffentlichen Leben einen unschätzbaren Dienst geleistet, indem er ihn mit seelischem Gehalt gesättigt hat. ... Das ist sein Beitrag zur Geschichte der bürgerlichen Freiheit“95.

Wilhelm Lueken: Der Gottesdienst im Geist96

Der Protestantismus ist keine Leistungsreligion. „Das heißt nicht einen Gott haben, so du äußerlich mit dem Munde Gott nennst oder mit den Knien oder Gebärden anbetest, sondern so du ihm herzlich vertrauest, und dich alles Gute, Gnaden und Wohlgefallen zu ihm versiehest, es sei in Werken oder Leiden, in Leben oder Sterben, in Lieb oder Leid“97.Daraus ergibt sich: Die Kriegsfrömmigkeit z. B. die wir zu Anfang des Krieges erlebt haben, war zu einem großen Teil nichts anderes als eine Frömmigkeit jener von Luther bekämpften Art. Man kam zur Kirche, man betete, man hielt seine Kinder zum Beten an, als mache man sich dadurch bei dem früher reichlich vernachlässigten Herrgott angenehm, und als dürfe man nun auch seine Gegengabe, seinen Schutz und seine Hilfe erwarten. Das alte heidnische „Do ut des“, „ich gebe dir, was gibst du mir wieder?“ Und wie der erwartete Lohn für solchen Gottesdienst ausbleibt, da kündigt man diesen Dienst. Es hat ja doch keinen Zweck“98.

Aus seinen Überlegungen heraus kommt Luther auch zu einem auf den ersten Blick verwunderlichen anderen Ergebnis. Wenn der Gottesdienst in dem Aufnehmen des Wortes Gottes besteht, dann gibt es dafür auch keine von Gott gesetzten Regeln. Gottesdienst ist nicht auf den Sonntag beschränkt, sondern jeder Tag ist Gottesdiensttag. Natürlich sind Regeln sinnvoll, aber grundsätzlich gilt, dass das ganze Leben ein Gottesdienst sein soll. Also ist für Luther jede häusliche Tätigkeit, jede berufliche Tätigkeit oder das Lernen in der Schule Gottesdienst, wenn sie als eine von Gott befohlene Pflicht getan wird. Ja, er schreckt auch nicht vor der Konsequenz zurück, dies auf den Kriegsdienst anzuwenden. Dabei vergleicht er den Soldaten mit dem Arzt. Ein Arzt, der um den Patienten zu retten, Hände oder Füße, Augen oder Ohren „abhaut“, erscheint gräulich oder umbarmherzig. Wenn man aber erkennt, dass er damit den Patienten gerettet hat, wird man dies als ein gut christliches Werk ansehen. Ebenso ist es mit dem Kriegsmann. Wenn der Kriegsmann die Unrechten würgt und Jammer anrichtet, dann scheint das ein unchristliches Werk zu sein. Wenn er aber die Frommen und ihre Familie schützt und damit Frieden hält findet man, dass es ein köstliches Werk sei. Drum ehrt auch Gott das Schwert also hoch, daß er's seine eigene Ordnung heißt, und will nicht, daß man sagen oder wähnen solle, Menschen haben' s erfunden oder eingesetzt. Denn die Hand, die solches Schwert führt und würgt, ist auch alsdann nicht mehr Menschen Hand, sondern Gottes Hand, und nicht der Mensch, sondern Gott hängt, rädert, enthauptet, würgt und kriegt; es sind alles seine Werke und Gerichte.“99

Diese Frömmigkeit ist kühn. Sie soll in einer rauhen Zeit ein gutes Gewissen geben; so wie Luther einem Kriegsmann ein gutes Gewissen gegeben hat, der Skrupel hatte. Aber Luthers Gedanken sollen auch das Gewissen schärfen. Denn es hängt von dem Geist ab, in dem gehandelt wird, ob es sich um ein frommes Werk handelt. „Was nicht aus dem Glauben kommt, ist Sünde.“(Römer 14, 23)100. „Ein Leben in Glauben und Treue, das ist der eigentliche Gottesdienst, der Gottesdienst im Geist und in der Wahr-heit, den Jesus von seinen Jüngern verlangt.“

1Veit, Philipp Friedrich Wilhelm (Willy), 1872 -1940, 1998-1905 Pfarrer Manchester/England (deutsche Gemeinde), 1905-1933 Pfarrer St. Katharinengemeinde.

2Dechent, Hermann: Kirchengeschichte von Frankfurt am Main seit der Reformation, 2 Bände, Leipzig 1913 und 1921, hier Band II, S. 558, 560.

3Kübel, Erinnerungen, S. 81.

4„Was bedeutet im jetzigen Krieg die Flucht nach Ägypten? Predigt an Kriegsweihnachten 1914, in: Veit, Willy Predigtsammlung 1913-1919 (nicht paginiert).

5„Sie haben Wind gesät, und sie werden Ungewitter ernten.“

6Veit, Willy, Predigtsammlung 1913-1919 (nicht paginiert).

7„Jesus nahm zu an Weisheit, Reife und Wohlgefallen bei Gott und den Menschen.“, in: Veit, Willy, Predigtsammlung 1913-1919, nicht paginiert..

8Drüner, Hans: Im Schatten des Krieges. Zehn Jahre Frankfurter Geschichte 1914-1924. Frankfurt a. M. 1934, S. 108 f.

9Manz, Friedrich: Glaube, in: Die Religion im Krieg, Frankfurter Vorträge, Achte Reihe, Frankfurt 1914, S. 7-20

10Manz, Friedrich, 1872-1957, Pfarrer St. Blasien (1897-1900, 1902-1906), Pforzheim (1901), Britzingen (1906- 1914), Frankfurt a. M./ St. Nicolaigemeinde 1914-1923), Riederwald (1923-1938).

11Manz, Glaube, S. 7- 9.

12Manz, Glaube, S. 9 f.

13Manz, Glaube, S. 11.

14Manz, Glaube, S.12.

15Manz, Glaube, S. 14.

16Manz, Glaube, S. 18-20.

17Veit, Willy: Buße, in: Die Religion im Krieg, Frankfurter Vorträge, Achte Reihe, Frankfurt 1914, S. 21-37.

18Veit, Buße, S. 34 f.

19Veit, Buße, S. 36.

20Veit, Buße, S. 37.

21Foerster: Bekenntnis, in: Die Religion im Krieg, in: Frankfurter Vorträge, Achte Reihe, Frankfurt a. M. 1914, S. 38-51.

22Foerster, Erich, Dr. theol., Dr. phil., 1865-1945, Pfarrer in Hirschberg/Schlesien (1893-1895), in Frankfurt a. M./Deutsch-reform. Gemeinde (1895-1935), Honorarprofessor für Kirchengeschichte Frankfurt a. M..

23Foerster, Bekenntnis, S. 40.

24Foerster, Bekenntnis, S. 41f.

25Foerster, Bekenntnis, S. 44 f.

26Foerster, Bekenntnis, S. 45.

27Foerster, Bekenntnis, S. 47.

28Foerster, Bekenntnis, S. 47 f.

29Foerster, Bekenntnis, S. 49 f.

30Bornemann, Wilhelm: Opfer, in: Die Religion im Krieg, in Frankfurter Vorträge, Achte Reihe, Frankfurt a. M. 1914, S. 52-71.

31Bornemann, Wilhelm, Dr. theol., 1858-1946, Professor für Kirchengeschichte und praktische theologie Basel (1898-1902), Pfarrer Frankfurt a. M./St. Nicolaigemeinde (1902-1931), Senior des Ev.-luth. Predigerministeriums.

32Bornemann, Opfer, S. 52 f.

33Bornemann, Opfer, S. 54.

34Bornemann, Opfer, S. 54 f.

35Bornemann, Opfer, S. 62.

36Bornemann, Opfer, S. 67.

37Bornemann, Opfer, S. 71.

38Dechent, Hermann: Wo bleibt nun der Idealismus? In: Im Kampf um die Volksseele, Frankfurter Vorträge, Neunte Reihe 1915, S. 5-29

39Dechent, Hermann, D.,Dr. phil., 1850-1935), Pfarrer in Frankfurt a. M., Versorgungshaus (1872-1879), St. Paulskirche (1879-1891), Weißfrauengemeinde (1891-1924).

40Dechent, Idealismus, S. 12 f.

41Anton Fendrich, 1868-1949, Schriftsteller, Journalist, Politiker

42Rudolf Eucken, 1846-1926, Philosoph, Nobelpreisträger für Literatur 1908.

43Dechent, Idealismus, S. 16.

44Dechent, Idealismus, S. 17.

45Houston Stewart Chamberlain, 1855-1927, pangermanischer und antisemitischer Schriftsteller.

46Paul de Lagarde, 1827-1891, antisemitischer Kulturphilosoph und Vertreter eines Germaniens, das bis zum Bug, zum Schwarzen Meer und zur Adria reicht.

47Dechent, Idealismus, S. 24.

48Dechent, Idealismus, S. 25.

49Adolf von Harnack, 1851-1930, prot. Theologe, Kirchenhistoriker und Wissenschaftsorganisator.

50Ernst Tröltsch, 1865-1923, prot. Theologe, Kulturphilosoph und liberaler Politiker.

51Dechent, Idealismus, S. 28.

52 Grönhoff, Georg: Verträgt sich das Schwert mit dem Evangelium? In: Im Kampf um die Volksseele, Frankfurter Vorträge, Neunte Reihe, Frankfurt a. M. 1915, S. 30-46.

53Georg Grönhoff, 1876-1945, Pfarrer in Stade (1905-1912), Frankfurt a. M./St. Petersgemeinde (1912-1940).

54Johannes Kübel, 1873-1953, Militärpfarrer in München (1901-1909), Pfarrer in Frankfurt a. M./ Weißfrauengemeinde 1909-1938, während des 1. Weltkrieges Militärpfarrer.

55Groenhoff, Schwert, S.37 f. unter Bezugnahme auf: Die Gemeinde, 1915, S. 300.

56Groenhoff, Schwert, S. 38 - 41.

57Groenhoff, Schwert, S. 42.

58Manz, Friedrich: Erfüllt der moderne Staat christliche Ideale? In: Im Kampf um die Volksseele, Frankfurter Vorträge, Neunte Reihe 1915, S. 47 ff.

59Manz, moderner Staat, S. 47 - 49.

60Manz, moderner Staat, S. 53 - 54.

61Manz, moderner Staat, S 54-56f.

62Manz, moderner Staat, S.57.

63Manz, moderner Staat, S. 59.

64Manz, moderner Staat, S. 60

65Manz, moderner Staat, S. 63.

66Manz, moderner Staat, S. 64.

67Manz, moderner Staat, S. 65 f.

68Manz, moderner Staat, S. 66.

69Ebd.

70Manz, moderner Staat, S. 67.

71Manz, moderner Staat, S. 67 f.

72Lueken, Wilhelm: Dürfen wir nach der Weltherrschaft streben? In: Im Kampf um die Volksseele, Frankfurter Vorträge, Neunte Reihe, Frankfurt a. M. 1915, S. 47-68.

73Lueken, Weltherrschaft, S. 69.

74Lueken, Weltherrschaft, S. 71.

75Lueken, Weltmacht, S. 74 -76.

76Lueken, Weltmacht, S.77 f.

77Lueken, Weltmacht, S. 75 f.

78Lueken, Weltmacht, S. 81 f.

79Lueken, Weltmacht, S. 81 f.

80Lueken, Weltmacht, S. 85.

81Lueken, Weltmacht, S. 83 - 86.

82Luken, Weltmacht, S. 88-92.

83 Foerster, D. Erich: Lebenserinnerungen (Hrsg. Erich Schulz-Du Bois), Preetz 1996, S. 47.

84Groenhoff, Schwert, S.37 f. Unter Bezugnahme auf: Die Gemeinde, 1915, S. 300.

85Foerster, Erich: Reformation und bürgerliche Freiheit, in: Das Vermächtnis der Reformation. Frankfurter Vorträge, Zehnte Reihe, Fankfurt a. M. 1917, S. 5-22.

86Foerster, Bürgerliche Freiheit, S. 5.

87Foerster, Bürgerliche Freiheit, S. 6.

88Nach Foerster, Bürgerliche Freiheit, S. 7.

89Foerster, Bürgerliche Freiheit, S. 11.

90Matthäus 5, 39.

91Foerster, Bürgerliche Freiheit, S. 16 ff.

92Foerster, Bürgerliche Freiheit, S. 16 f.

93Foerster, Bürgerliche Freiheit, S. 17.

94Foerster, Bürgerliche Freiheit, S. S. 18.

95Foerster, Bürgerliche Freiheit, S. 18-22.

96 Lueken, Wilhelm: Der Gottesdienst im Geist, in: Das Vermächtnis der Reformation, Frankfurter Vorträge, Zehnte Reihe, Frankfurt a. M. 1917, S. 23-41.

97Lueken, Gottesdienst, S. 35, unter Bezugnahme auf: Sermon von den guten Werken, 1520, Braunschw. Ausgabe 1,12.

98Lueken, Gottesdienst, S. 35.

99Lueken, Gottesdienst, S. 39 f., unter Bezugnahme auf: Ob Kriegsleute auch im seeligen Stande sein Können, 1526, Br. Ausg. 7, 390 f.

100Lueken, Gottesdienst, S. 40.

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